Interview: „Explosive Zustände“
■ Tribunal-Mitglied Norman Paech zur Hamburger Flüchtlingspolitik
taz: Warum sitzen Sie in der Jury?
Paech: Man hat mich darum gebeten. Und nach all den hier aufgezeigten Problemen und Mißständen wird deutlich, daß man diese öffentlich machen muß. Vor allem, wenn man mal davon ausgeht, daß die jüngste Katastrophe in Lübeck – die übrigens überall passieren könnte – nicht von rechtsradikalen Skinheads verursacht wurde, sondern von Bewohnern, stellt sich die Frage: Wie sind die Zustände, daß so etwas geschieht.
Wie war die Reaktion auf Ihr Ehrenamt?
Es gab einen sehr freundschaftlichen Anruf des zuständigen Senators (Wissenschaftssenator Hajen, d. Red.). Im Senat hatte man offensichtlich besprochen, mich nach meinen Gründen für eine Beteiligung an einer Anklage, die auch gegen Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes gerichtet ist, zu fragen.
Der Leiter des Einwohner-Zentralamtes, Ralph Bornhöft, hat die Veranstalter angezeigt.
Das finde ich sehr gut. Endlich haben die Veranstalter ein weiteres Forum, wo öffentlich gemacht werden kann, worum es hier geht. Es geht nicht darum jemanden strafrechtlicher Tatbestände zu überführen, sondern darum, die Flüchtlingspolitik zu verbessern.
Was erhoffen Sie sich vom Tribunal?
Daß die Verantwortlichen in den Behörden darauf aufmerksam gemacht werden, was die Öffentlichkeit als Mißstände begreift. Denn in den Ämtern ist eine gewisse Gewöhnung an die Mangelverwaltung oder an die allgemeine Ausländerpolitik zu erkennen. Dadurch wurden explosive und menschenunwürdige Zustände geschaffen.
Fragen: Patricia Faller
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