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■ SanssouciVorschlag: Vor 101 Jahren erfand Max Skladanowsky den Film. Eine Ausstellung in der Mediengalerie

Was wäre einer wie er wohl heute? Cyberdrom-Betreiber auf dem Oktoberfest? Automatenaufsteller? Max Skladanowsky, der Pankower Erfinder des Kinos, war eher Schausteller als Künstler. Er hatte es vom Vater, der mit seinen „Nebelbildern“ durch die Varietés tourte. Bald schon schleppten die Söhne Max und Emil als „Brothers Hamilton“ die Projektoren durch ganz Europa. Mit Feuerzauber, Wasserspielen und „Original-Riesen-Welt-Tableaux“ brachten sie Vaters Idee groß heraus. Doch Max träumte vom bewegten Bild. Mit der ersten Filmkamera erfand er auch das Daumenkino: Der erste „Film“ zeigte Emils Turnübungen. Doch erst mit dem „Bioscop“ ließ er sich auch vorführen.

Im Wintergarten war sein Programm Höhepunkt des Abends. Nicht die Bilder waren spektakulär; Skladanowsky zeigte Tänzer und Artisten, wie man sie zuvor auf der Bühne gesehen hatte. Es war das Wunder, daß sich etwas „in voller Naturwahrheit“ auf der Leinwand bewegte. Zwei Kinder führten einen „Bauerntanz“ auf, die Brothers Milton turnten am Reck, dann wirbelte Mlle. Ancion mit ihrem Kleid zum „Serpentinentanz“. Berühmt wurde der Boxkampf mit dem Känguruh. Als Studio diente übrigens ein Pankower Gasthof, wo wenig später das Kino „Tivoli“ einzog.

Einen Moment lang riß sich die ganze Welt um die beiden. Doch als sie in Paris eintrafen, waren ihnen die Lumières zuvorgekommen. Von da an ging's bergab. Angeregt durch die Konkurrenten, versuchten auch sie sich nun an einfahrenden Zügen, dokumentierten Auftritte des Kaisers und produzierten den ersten Werbespot. Später erzählten sie – „Madame sans gène“, „Eine wilde Sache“ – humorige Episoden aus dem Alltag. Erfolg hatten andere.

Noch bis März zeigt die Mediengalerie Skladanowskys Bioscop, seine Nebelbildwerfer und allerhand Dokumente. Zu sehen sind nicht nur die Filme aus dem Wintergarten, sondern auch Fotos Skladanowskys aus einem sonntäglich-stillen Berlin um 1900. Schade, daß sich für die Ausstellung kein anderer Ort fand als ein Gewerkschaftsbüro. Viel mehr als ein Ehrengrab in Niederschönhausen hat Berlin für Skladanowsky nicht übrig. Jörg Häntzschel

Bis 8. 3., Mo. bis Do. 9–16 Uhr, Fr. bis 13 Uhr. Medien-Galerie, Dudenstraße 10, Kreuzberg

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