Unterm Strich

Neues von Steven Spielbergs Projekt „Survivors of the Shoah History Foundation“ (vgl taz vom 30. 3. 1995) – eine Stiftung, deren Aufgabe es ist, Videoaufzeichnungen von möglichst sämtlichen Überlebenden des Holocaust zu machen. Die Stiftung hat in 17 Ländern Büros eröffnet, darunter Australien, Rußland und Argentinien, sie beschäftigt etwa 1.500 Befrager und über 200 Videokameraleute. In drei Jahren soll das Projekt beendet sein. In Australien – mit rund 10.000 Überlebenden für dieses Projekt das wichtigste Land nach Israel – ist Ende letzten Jahres in Brisbane mit den ersten Interviews begonnen worden. Im Mai soll in Melbourne sogar ein zweites Büro eröffnet werden – vor knapp einem Jahr war das erste in Sydney eingerichtet worden. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ meldet, werden die Büros zu mehr als nur zur Organisation der Befragungen benutzt. Die gesammelten Daten dienen den Befragten auch zur Bildung neuer Beziehungen. So konnte eine polnische Jüdin, die geglaubt hatte, alleinige Überlebende ihres Dorfes gewesen zu sein, mit 16 anderen Überlebenden in Verbindung gebracht werden. Die Videobänder werden in Los Angeles gesammelt und sollen die Basis für eine große historische Datensammlungen bilden.

Das niedergebrannte Opernhaus La Fenice in Venedig wird bis 1998 genauso wiederaufgebaut, wie es im 19. Jahrhundert war. Das gab der stellvertretende Kulturreferent Venedigs, Gianfranco Mossetto, am Freitag in Paris bekannt. Durch den Bau nach den alten Plänen werde „jegliche Ästhetikdebatte“ vermieden, sagte Mossetto bei einer Pressekonferenz im italienischen Kulturinstitut des französischen Hauptstadt. Die Wiederaufbaukosten werden auf 150 Milliarden Lire (mehr als 140 Millionen Mark) geschätzt.

„Ich möchte gerne den ,Faust‘ inszenieren, verdammt nochmal, und Berlin ist der beste Platz dafür“ – mit diesen Worten hat der Regisseur Peter Stein im SFB-Fernsehen sein großes Interesse an diesem seit 1985 von ihm verfolgten Projekt unterstrichen: „Ich gehöre hierhin.“ Es wäre das erste Mal, daß man eine vollständige Aufführung des Goethe-Werks ohne Striche herausbringen würde. Sie würde 24 Stunden dauern, verteilt auf sieben Theaterabende. Er wisse, daß die veranschlagten Gesamtkosten von 30 Millionen Mark für die Stadt „kein Pappenstiel“ seien. Dafür müßten auch noch Sponsoren gewonnen werden. „Ich werde dafür Leistungen erbringen, die für die werdende Hauptstadt interessant sein werden, abgesehen davon, daß es in wenigen Jahren ein Goethe-Jubiläumsjahr gibt“, so Stein.

Und das liefert uns ein Stichwort für unsere weiterhin offene Liste der in der taz nicht mehr zu behandelnden Themen: Nachrufe o.k., aber keine Jubiläumsjahre mehr! Die taz muß zur Vorkämpferin werden im Kampf um die Befreiung des deutschen Feuilletons vom Totenkult als Grundprinzip!