Amis behalten ihren Atommüll selbst

Erfolg für die schottischen Atomkraftgegner: Abgebrannte US-Brennelemente aus Forschungsreaktoren werden nicht nach Dounraey zur Wiederaufbereitung geschickt  ■ Aus Vidlin (Schottland) Hans-Jürgen Marter

Enttäuschung in Bounreay: Die USA haben entschieden, etwa 15.000 über den ganzen Globus verteilte Brennelemente aus Forschungsreaktoren nicht in der nordschottischen Atomfabrik wiederaufbereiten zu lassen. Das Management hatte sich ein Geschäft in der Größenordnung von umgerechnet 450 Millionen Mark erhofft. AtomkraftgegnerInnen hingegen loben den Beschluß als Ausdruck gesunden Menschenverstands. Monatelang hatten sie gegen die drohende Kooperation zwischen der Atomfabrik und dem US-amerikanischen Energieministerium gekämpft.

Zwischen 18.000 und 24.000 Brennelemente US-amerikanischen Ursprung, bestückt mit hoch angereichertem Uran, kursieren in 40 Staaten der Erde. Gemäß dem „Atoms for Peace“-Programm hatte die US-amerikanische Regierung seit den fünfziger Jahren Forschungsreaktoren auf der gesamten Welt mit hoch angereichertem Uran versorgt, wobei die Brennelemente im amerikanischen Besitz verblieben. Die heutige Non-Proliferationspolitik der Clinton-Administration fordert den Atommüll zurück, nicht um Bomben zu bauen, sondern um das waffenfähige Material zu reduzieren.

Für die betroffene Bevölkerung von South Carolina macht dies freilich keinen Unterschied. Jahrelang wehrte sie sich mit allen Mitteln gegen die Einlagerung weiterer Brennelemente.

Den Ärger des amerikanischen Energieministeriums mit der eigenen Bevölkerung rief die Atommanager von Dounraey auf den Plan. Sie witterten ein profitables Geschäft ergeben. Ohnehin begibt sich Dounraey mehr und mehr auf den internationalen Markt, um Wiederaufbereitungsaufträge an Land zu ziehen. Die Menschen in der nordschottischen Region von Caithness verfolgen diese Entwicklungen mit Unmut. Hinzu kommt, daß die Teilprivatisierung der britischen Atomindustrie das Management veranlaßt, zunehmend eine aktive Geschäftspolitik zu führen. Ungeniert wird dabei die Region am Rande Europas als atomare Müllkippe angepriesen.

Insofern ist der Beschluß des amerikanischen Energieministeriums tatsächlich ein Teilerfolg der Protestbewegung in Schottland. In einer von Greenpeace teilfinanzierten – und deshalb umstrittenen – Umfrage hatten im November vergangenen Jahres zwei Drittel der Bevölkerung von Caithness gegen die Internationalisierung der Wiederaufbereitung votiert. Die energiepolitische Sprecherin der Schottischen National Partei (SNP) sagte nach Bekanntwerden der amerikanischen Entscheidung: „Es wird Zeit, daß Dounraey die öffentliche Meinung zur Kenntnis nimmt. Die Schotten haben sich deutlich gegen die Pläne ausgesprochen, ihr Land zur nuklaren Wäscherei der Welt zu machen.“

Diese Gefahr ist nach der jüngsten Entscheidung allerdings noch nicht ausgeräumt. Dounraey steht augenblicklich in Verhandlungen mit der australischen Nuclear Science and Technology Organisation über die Wiederaufbereitung von 1.100 noch angereicherten Brennelementen aus der Lucas Height Atomfabrik nahe Sydney. Und auch die Möglichkeit der Wiederaufbereitung des nuklearen Materials aus ehemals sowjetischen Waffenbeständen wurde kürzlich in die öffentliche Diskussion gebracht.