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Gewoba kocht elektrisch

■ Teuer und unökologisch: Gewoba stellt von Gas auf Strom um

Die Nachricht schreckte die Ökos auf: Die Gewoba, hieß es, wolle in 3.000 Wohnungen die Herde von Gas auf Strom umrüsten.

„Durch die Umrüstung von Gas auf Strom wird beim Kochen viermal soviel CO2 produziert“, schimpfte Lisa Hackstein, Fraktionssprecherin der Grünen. Sie erinnerte daran, daß das elektrische Kochen für die ohnehin nicht begüterten MieterInnen der Gewoba ungleich teurer werde. „Ich erwarte von einer dem Gemeinwohl verpflichteten Wohnungsbaugesellschaft, daß sie im Interesse der Mieter kostengünstig und umweltbewußt renoviert. Das Gegenteil will jetzt die Gewoba mit der Umrüstung zahlreicher Wohnungen von Gas- auf E-Herde praktizieren.“ Die Grünen forderten den Senat auf, die Pläne der Gewoba, die zu 70 Prozent dem Land gehört, sofort zu stoppen. Ansonsten mache sich die Regierung, die eigens Förderprogramme zur Umstellung von Strom auf Gas aufgelegt habe, schlichtweg unglaubwürdig.

Zum Kochen bringt die Meldung auch Egon Cybucki, den technischen Leiter der Gewoba. „Was da drin steht, ist alles Quatsch“, dementiert er. Das ganze Projekt befinde sich erst in den Anfängen der Planung. „Wir haben 3.500 Wohnungen in Gas“, rechnet der Gewoba-Mann. „Den größten Teil davon werden wir belassen.“ Wieviele der Wohnungen in Gröpelingen, Sebaldsbrück und Bremerhaven tatsächlich umgestellt werden, könne man frühestens in einem halben Jahr sagen.

Im Zuge einer Grundsanierung hat die Gewoba bisher vier- bis fünfhundert Wohnungen begangen. Die Modernisierung, argumentiert Cybucki, sei notwendig und von den Mietern selbst gefordert worden, weil die Stromleitungen der in den 50er Jahren gebauten Wohnungen verstärkt werden müßten. „Alle verlangen, daß wir die Leitungen verstärken, damit sie einen Kühlschrank anmachen und trotzdem noch andere elektrische Geräte benutzen können.“

Bei der Begehung der Wohnungen habe die Gewoba festgestellt, daß viele der alten Gasleitungen so marode sind, daß eine Reparatur langfristig nichts bringe. „Da stehen wir in zwei bis fünf Jahren vor demselben Problem.“ Im übrigen verursache die Instandsetzung der unter Putz liegenden Gasleitungen zweifache Probleme: „Das Bauen ist ein Schweinkram“, meint Cybucki. Bäder und Küchen müßten komplett aufgerissen werden, der Umbau verwandele die Wohnung in eine Baustelle. Außerdem könne die Gewoba die oftmals alten Fliesen, teilweise von den Mietern in Heimarbeit angebracht, nicht wiederbesorgen. Die Folge, so Cybucki: „Wir verschandeln, wie die Bewohner sagen, ihre Wohnung.“

Angesichts solcher Horrorankündigungen erscheint glaubhaft, daß wie Cybucki sagt, der Wunsch nach Umstellung auf Strom „aus der Bevölkerung kam, besonders von den älteren Menschen“. Sie erfahren, daß ihre Wohnungen bei der Umstellung auf Strom weitgehend unbehelligt bleiben, da diese Leitungen einfach durch die alten Schornsteine eingezogen werden.

„Wir reden mit den Leuten“, versichert der technische Leiter der Gewoba. Und zwar so lange, bis im ganzen Haus Einmütigkeit hergestellt werde. Denn daß oben einer Gas behält, und unten Strom eingerichtet werde, „das geht aus technischen Gründen nicht“. Sollte nun partout jemand der Umstellung nicht zustimmen, erhalte der Neinsager von der Gewoba „ein Äquivalent oder irgendetwas“.

Auf die Mieten jedenfalls, verspricht Cybucki, werden die Sanierungskosten nicht umgeschlagen. „Da steigen keine Mieten. Mietrelevant wird nur der gestiegene Anteil, der an die Stadtwerke geht.“ Der aber ist nicht gerade gering: Ein Vierpersonenhaushalt muß beim Kochen mit Gas mit Energiekosten von 80 Mark jährlich rechnen, der bei Strom um schätzungsweise 100 Mark jährlich steigt.

„Nur zwei Prozent des Energieaufwandes werden für das Kochen benötigt“, erwidert Cybucki. „Pea-nuts“ für die Gewoba, zumal unter dem Aspekt, daß man das Geld, was bei der billigeren Stom-Sanierung eingespart werde, für weitere Maßnahmen der Wärmedämmung einsetzen wolle. „Bei der Wärmedämmung sparen wir 25 bis 30 Prozent Energie. Wenn wir jetzt unsere Mittel für zwei Prozent Einsparung investieren, wo auf der anderen Seite 30 Prozent eingespart werden können, verzichten wir auf 18 Prozent Energieeinsparung.“

Fraglich ist, ob die Gewoba, die für die Wärmedämmung von drei Wohnblocks in Kattenturm eine halbe Million Mark Fördermittel eingestrichen hat, auch ohne Subventionen zu ökologischen Baumaßnahmen bereit ist. Bei der jetzt geplanten Umstellung von Gas auf Strom hätte diese Bereitschaft, gesteht Cybucki, durch Fördermittel angeschoben werden müssen: „Gäbe es Fördermittel, würden wir auch nicht umstellen.“ dah

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