: Der Nachwuchs darf nicht abgehängt werden
■ Eisenbahner-Gewerkschaft will Lehrstellen und Ausbildungsstätten retten
Memmingen (taz) – Der drastische Abbau von Ausbildungsplätzen bei der Bahn AG (taz vom 3.2.) soll durch ein Krisengespräch bei Verkehrsminister Matthias Wissmann doch noch verhindert oder zumindest abgemildert werden. Die Spitzen der Eisenbahnergewerkschaft (GdED) treffen sich heute mit dem Minister, um das Schlimmste abzubiegen. Wurden 1995 noch 5.000 Lehrlinge bei der Bahn ausgebildet, so sollen es künftig nur noch zwischen 3.400 und 3.800 sein.
Wie das GdED-Vorstandsmitglied Norbert Hansen vor dem Gespräch der taz sagte, will die Gewerkschaft versuchen, sowohl Lehrstellen auch Lehreinrichtungen zu erhalten. Käme es tatsächlich zu der geplanten Kürzung bei den Ausbildungsplätzen, dann würde auch die vorhandene Infrastruktur zerschlagen, fürchtet Hansen. Zwar habe sich die Bahn AG bereit erklärt, über den prognostizierten Eigenbedarf hinaus auszubilden, und zwar statt der benötigten 2.500 Auszubildenden bis zu 3.800. Aber auch das ist der Gewerkschaft viel zu wenig. Sie fordert weitere 3.000 Ausbildungsverträge.
„Wir haben eine Ausbildungskapazität von 8.000 Stellen, was die räumlichen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen angeht. Sollte diese Kapazität nicht ausgenützt werden, fallen diese Ausbildungsplätze dauerhaft weg“, so Hansen. Sollten die Planungen der Bahn AG realisiert werden, müßte laut GdED-Sprecher Hubert Kummer mehr als die Hälfte der insgesamt 180 Ausbildungswerkstätten in der Bundesrepublik geschlossen werden. Der Bund soll, so fordert die Eisenbahnergewerkschaft, finanziell einspringen und den verbleibenden Teil der Ausbildungsstellen für Fremdausbildung zur Verfügung stellen. Die Bahn AG könne die gesellschaftliche Verantwortung tatsächlich nicht alleine tragen. Wenn man jedoch bedenke, daß von den rund 750.000 Schulabgängern gegenwärtig noch immer 140.000 ohne Ausbildungsplatz dastünden, müsse schleunigst gehandelt werden.
Der Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) hat in einem Schreiben an den Bahnvorstand und den Verkehrsminister ausdrücklich auch auf die Gefährdung der Berufsschulen in den besonders betroffenen Regionen, vor allem Süd- und Nordbayern, hingewiesen. Klaus Wittmann
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