Flugzeugbauer in der Schwebe

■ Die von Daimler fallengelassene Flugzeugfirma Fokker verhandelt offenbar mit fünf Übernahme-Kandidaten

Amsterdam (taz) – Der niederländische Wirtschaftsminister Hans Wijers hoffte vergeblich auf seine Amtskollegen aus Spanien, Schweden, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien. Er war nach Brüssel gefahren, um einen gemeinsamen Plan zum Überleben von Fokker und den anderen europäischen Produzenten von Regionalflugzeugen zu entwerfen. Denn alle haben das gleiche Problem: Das Geschäft ist kein richtiges Geschäft mehr. Nur mit Subventionen läßt sich weiterproduzieren. Allerdings sind Wijers' Amtskollegen gerade deshalb nicht traurig, wenn mit Fokker der älteste Flugzeugbauer der Welt möglicherweise das Zeitliche segnet. Eine hübsche Menge Überkapazität könnte da vom Markt verschwinden. Die Minister winkten also ab.

Was nun? Die Den Haager Regierung hält Fokker vorerst am Leben. Eine Woche Arbeit für die Belegschaft bedeutet zum Beispiel das kleine Geschenk des niederländischen Entwicklungsministers Pronk, der dem palästinensischen Führer Yassir Arafat zwei gebrauchte Fokker 50 im Wert von 35 Millionen Gulden (31,5 Millionen Mark) schenkte. Das Haager Verteidigungsministerium bestellte für 110 Millionen Gulden (100 Millionen Mark) Flugzeuge. Beides ist allerdings nicht mehr als die nötige Luft für eine kleine Atempause.

Fokker-Direktor Ben van Schaik führt nun nach eigenen Angaben Gespräche mit fünf Übernahmekandidaten. Er warnt aber vor zu großem Optimismus: „Die Zeit ist enorm kurz, und es muß viel passieren. Selbst im für Fokker allergünstigsten Fall wird eine Lösung viele Arbeitsplätze kosten.“ Am Freitag will er einen seriösen Partner benennen – oder die Pleite endgültig verkünden.

Der immer wieder genannte kanadische Mischkonzern Bombardier hat aber bereits mehrmals jegliches Interesse abgestritten. Das kann allerdings auch bloße Taktik sein, um die Regierung in Den Haag zu Zugeständnissen zu zwingen. Der plötzlich als Kaufkandidat auftauchende Samsung-Konzern aus Südkorea könnte seinerseits taktische Gründe für ein demonstratives Kaufinteresse haben: Der Wink mit dem „Fokker-Zaunpfahl“ wäre eine Möglichkeit, die Chinesen, mit denen man bislang eigentlich zusammen eine Flugzeugfirma entwickeln will, zu warnen. Die Regierung in Peking will in der koreanisch-chinesischen Allianz immer mehr bestimmen und die Produktionsstätten in China haben. Die Niederländer fürchten, daß Samsung letztlich womöglich bloß Fokker-Ingenieure abwerben, das Know-how Fokkers von der Rabo-Bank kaufen (Fokker mußte es der Bank überlassen und zurückleasen) und dann in Korea eine Fokker-Fabrik aufmachen wolle.

Derweil halten die Dasa und Fokker einander im Würgegriff. Die Dasa hat die Lieferung der Rümpfe nicht unterbrochen – obwohl sie mit einer Bezahlung nicht rechnen kann. Daimler-Benz hat über eine Leasinggesellschaft außerdem Flugzeuge im Wert von 1,5 Milliarden Gulden (1,35 Milliarden Mark) in der Hand – deren tatsächlicher Wert sinkt allerdings von Tag zu Tag.

Wenigstens ein Problem ist vorerst gelöst. In zwei Amsterdamer Zeitungen hatte ein Unbekannter eine Kontonummer angegeben, auf der die Niederländer Geld zur Rettung Fokkers überweisen sollen. Eine solche Aktion gab es aber bereits, und so wurde eine Betrugsaktion vermutet. Die Entschuldigung des Mannes, er habe die bereits existierende Bankverbindung eines Rettungskomitees der Fokker-Angestellten nicht gekannt, wurde jedoch kulant angenommen, das Konto wurde aufgelöst. Ed van Zutphen