Polizisten – Opfer ihrer selbst

■ Innenminister lassen Folgen der Polizeistudie offen

Berlin (taz) – Polizisten, die prügeln, lassen sich nicht weiter als mißliche Einzelfälle abtun. Zu dieser Einsicht gelangte Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD), der gestern in Hiltrup bei Münster im Namen der 16 Länderinnenminister den Bericht „Polizei und Fremde“ präsentierte (die taz dokumentierte vorab). Die Studie, die im Auftrag der Polizeiführungsakademie Hiltrup angefertigt wurde, beschreibt, wie menschenverachtend Polizisten häufig Ausländer behandeln, wenn sie mit ihnen allein sind. In Seminaren begründeten die 115 befragten Polizisten ihre rassistische Haltung unter anderem mit „permanentem Streß“, „Aggressivität ausländischer Jugendbanden“, einer „erfolglosen Justiz“ und „feindlichen Medien“.

Wrocklage betonte, bei den Übergriffen handle es sich allerdings „nicht um ein systematisches Verhaltensmuster der Polizei“. Weder er noch seine 15 Kollegen äußerten sich gestern zu möglichen Konsequenzen. Zu offenem Selbstlob ließ sich Bremens Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) hinreißen. Das Thema „Umgang mit Ausländern“ werde dort bei der Polizei so „eingehend behandelt“, daß sie in dem Bericht „sehr positiv“ erwähnt sei. Den gestern von amnesty international erhobenen Vorwurf, in Bremen würde verdächtigen ausländischen Dealern ein Kotzmittel verabreicht, rechtfertigte Borttscheller damit, daß sie „ausdrücklich genehmigt“ seien und auch im rot-grünen Hessen „angewandt werden“.

Die Gewerkschaft der Polizei bot ihren schlagenden Mitgliedern trotz der bedrückenden Erkenntnisse Rückendeckung. Der Vorstand ließ verlautbaren, „der Großteil der Bevölkerung“ werde die „Umstände für einzelne Verfehlungen mitempfinden“. Der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten, Reinhard Borchers, verlangte „eine Art kleiner Kronzeugenregelung“ für Polizisten, die Übergriffe gegen Ausländer bei den Vorgesetzten melden. Bisher führten die Berichte über Mißhandlungen eher dazu, daß sich in der Polizei „die Reihen schließen“. Manfred Such und Cem Özdemir von den Bündnisgrünen forderten, bei der Polizei das Rotationsprinzip auf „problematischen Dienstposten“ einzuführen. Zudem zeigten neuerliche Übergriffe, „daß die Polizeiführung noch erheblich mehr tun muß, um Fremdenfeindlichkeit zurückzudrängen“. roga Kommentar Seite 10