Interview
: „Das läßt mich auch nicht kalt“

■ Kultursenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) hält den Krach am Bremer Theater für ein Vermittlungsproblem

taz: Über Ihre Sparvorschläge fürs Theater gibt es weiterhin einen Dissens zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD. Wenn Ihr Haushaltsentwurf heute in der Kulturdeputation nicht durchkommt – wäre das ein Anlaß für einen Rücktritt?

Bringfriede Kahrs: Für mich? Ich glaube, das wäre wirklich eine Überbewertung der Theaterfrage, so sehr ich ich mich für dieses Theater einsetze. Aber ich hänge meine gesamte Tätigkeit und meine Position nicht an dieser einen Frage auf. Das wäre unangemessen.

Für Frau Motschmann, die kulturpolitische Sprecherin der CDU, bedeutet ein Bruch mit dem Theatervertrag auch einen Bruch mit dem Koalitionsvertrag.

Ich kann nur sagen: Der Vertrag wird dem Geiste nach erfüllt. Weil wir ja nicht kürzen, weil wir überhaupt nicht die künstlerische Qualität runterfahren, sondern den status quo festschreiben können dank der 9,5 Millionen Mark, die wir aus dem WAP bekommen. Und weil die drei Prozent, auf die Herr Pierwoß sich bezieht, gedacht sind für Lohnsteigerungen – die sind aber nicht in Sicht, und wenn sie denn kämen, würden sie nach dem Solidarpakt hier in Bremen gar nicht verhandelt. Wenn Lohnsteigerungen kommen, dann wird für das Theater wie für alle anderen eine Lösung zu finden sein.

Gedacht war der Vertrag anders: Es gibt eine pauschale Etaterhöhung um drei Prozent; wenn die Tarifabschlüsse niedriger ausfallen, hat das Theater ein bißchen Spielgeld übrig.

Das ist richtig. Die Tarifsteigerungen sind zwar als Begründung angegeben worden für die drei Prozent, aber sie sind nicht konditional verknüpft worden. Aber diese drei Prozent mehr für Zusätzliches, was alles wünschenswert wäre, sehe ich in diesem Haushalt nicht gegeben.

Für einen höheren Kulturhaushalt müßte doch erst einmal die Kultursenatorin streiten.

Die Kultursenatorin hat sehr gestritten im Senat und ich habe meine Möglichkeiten an dieser Stelle ausgereizt.

Das heißt: Sie halten weiter an dem Modell zur Theaterfinanzierung fest, das so stark kritisiert wurde.

Ich halte es für vertretbar und gerechtfertigt unter den schwierigen finanziellen Bedingungen.

Wie erklären Sie dann die Reaktionen am Theater, den plötzlichen Rücktritt von Geschäftsführer Rempe? Läßt Sie das kalt?

Das läßt mich gar nicht kalt. Ich nehme wahr, daß es da wohl ein Vermittlungs- und Verständigungsproblem gibt, ausgelöst durch das, was das Theater selbst am 3. Dezember auf dem Goetheplatz inszeniert hat.

Rempe ist nicht wegen der Zahlen gegangen, sondern weil ihn die Haltung der Kulturbehörde, also auch Ihr Stil, verbitterte.

Also, wenn Sie richtig zugehört haben auf dieser Pressekonferenz, hat Herr Rempe insgesamt von einem Klima gesprochen und sehr wenig das Kulturressort angesprochen. Wir haben lange und vertrauensvoll miteinander geredet. Herr Rempe hatte nie die Sorge, daß dieser Finanzierungskompromiß, wie er seit Dezember feststeht, das Theater künstlerisch kaputtmachen würde. Er hat – das ist meine Wahrnehmung – psychisch das Problem nicht ausgehalten, ständig die Vermittlung zu übernehmen zwischen Theater und der Position des kaufmännischen und künstlerischen Geschäftsführers.

Frau Motschmann hat erklärt, Sie habe mit der Zustimmung zur Theaterfinanzierung einen Fehler gemacht. Sehen Sie auch Fehler bei sich im Umgang mit dem Theater?

Vielleicht hätte ich mein Eintreten für dieses Theater zu Anfang stärker öffentlich machen müssen. Vom Theater ist ja gleich an die Öffentlichkeit getragen worden, ich wolle am Theater sparen – die Tatsache ist nicht falsch, nur habe ich natürlich vorab gekämpft, und zwar an der Stelle, an der ich meinte, mein Ziel erreichen zu können. Hinterher hatte ich nie die Chance, mein Eintreten für das Theater zu vermitteln. Das war strategisch und taktisch vielleicht ein Fehler.

Das heißt: Das Theater hat Sie nicht richtig verstanden?

So verkürzt würde ich das nicht sagen. Ich glaube schon, daß es den einzelnen handelnden Personen klargeworden ist. Aber es ist in der veröffentlichten Meinung und in der Stimmung bei denjenigen, die theaternah sind – das ist ja auch nicht die Mehrheit der Bremer Bevölkerung – nicht rübergekommen. Da hieß es nur: Die will das Theater plattmachen – was zu jedem Zeitpunkt falsch war. Und diese falsche Wahrnehmung habe ich lange Zeit nicht richtigstellen können.

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