■ Die Jugendzeitschrift „Bravo“ macht in Okkultismus
: In Teufels Küche

Der Okkultismusbeauftragte des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, Wolfgang Hund, wirft der Jugendzeitschrift Bravo vor, leichtfertig, unkritisch und sensationslüstern für okkulte Praktiken zu werben. Viele Lehrer seien es leid, „immer wieder den Scherbenhaufen zusammenzukehren“, wenn dem Heft beispielsweise Tarotkarten beigelegt werden oder die jugendliche Leserschaft zum Auspendeln ihres Schicksals angeleitet wird. Seminarrektor Hund, nebenberuflicher Zauberkünstler, leitet seit Jahren Fortbildungsarbeit für Lehrkräfte vor Ort, die oft völlig hilflos vor den verstörten Jugendlichen stehen, die mit irgendwelchen „Okkultphänomenen“ experimentiert haben.

Jüngstes Beispiel pädagogischer Verantwortungslosigkeit der Münchner Bravo-Redaktion: Über acht Wochen wurde unter dem Titel „Im Bann des Teufels“ ein Foto-Fortsetzungsroman veröffentlicht, der, so Hund, „ohne die geringsten Fragezeichen oder Hinweise auf Gefährdungen Praktiken hochjubelt, die auch für Erwachsene nicht als ,Spiel‘ oder ,Experiment‘ zu gelten haben.“ Gebrauchsanweisungen zur Anrufung Satans, die Darstellung bluttriefender „schwarzer Messen“, Voodoo-Zauber. „Das „Witch- Board“, ein Hifsmittel zur Kontaktaufnahme mit jenseitigen Wesen, gebe, so Bravo, „Antwort auf jede Frage, die euch interessiert“.

Der stellvertretende Chefredakteur von Bravo, Norbert Lalla, argumentiert gegenüber der taz, die Okkultserien in seinem Heft seien reine Unterhaltung; die jugendliche Leserschaft wisse sehr wohl zwischen Tatsachen und Fiktion zu unterscheiden. Tarotkartenlegen oder Pendeln hält er für harmlose „Spielerei mit dem Kribbeligen“, die wohl von keinem Jugendlichen ernstgenommen werde. Und wenn, dann nicht aufgrund der Bravo-Lektüre.

Ganz anders sieht das das Müncher Forum Kritische Psychologie: Nahezu jedeR zweite Jugendliche unter 16 habe bereits mit „übersinnlichen“ Verfahren wie Gläserrücken oder Pendeln experimentiert. Häufig stellten die Jugendlichen Fragen nach dem eigenen Todesdatum; im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung sei es dann durchaus möglich, daß ein Jugendlicher genau an dem Tag, den ihm das Pendel als Todestag vorhergesagt hatte, mit seinem Moped gegen einen Baum fährt.

Tatsächlich sind Hunds Ordner voll mit schauerlichen Vorfällen: In Forchheim hatte der vermeintliche Geist seines verstorbenen Freundes dem 15jährigen Thomas sowie dessen Freund Markus beim Gläserrücken erzählt, wie „süß das Sterben sei“; zwei Wochen darauf waren die beiden Jugendlichen tot: Sie hatten sich mit Auspuffgasen das Leben genommen. Ein anderes Beispiel: Nach einer „Geisterbeschwörung“ 12- bis 16jähriger SchülerInnen in Rothenburg brach Panik aus. Die Jugendlichen waren davon überzeugt, der Satan sei unter ihnen anwesend.

Nicht nur in Bravo werden Jugendliche an okkulte Praktiken herangeführt. Micky Maus steht nicht hintan: Auch hier kann die jugendliche Leserschaft lernen, wie „wichtige Entscheidungen“ mittels eines „magischen Pendels“ getroffen werden können. Wolfgang Hund, der als Trickfachmann auch vor Schulklassen vermeintlich Übersinnliches als faulen Zauber entlarvt, bekam Ärger mit dem „Berufsverband Magischer Zirkel von Deutschland“ (MZvD), dem er als Zauberkünstler angehörte. Anstatt Hunds Anliegen zu unterstützen, wurde er verbandsintern mit einer Geldstrafe belegt, da er „spiritistische Phänomene“ (Schweben eines Tischchens und anderes) öffentlich erklärt und damit gegen die Satzung des MZvD verstoßen habe. Colin Goldner