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■ VorlaufErwin Leiser: Weg nach Auschwitz

„Zehn Brüder sind wir gewesen“. Dokumentation von Erwin Leiser, 20.45 Uhr, arte

Warum, nach Lanzmann und Ophüls, noch einen Film über den „Weg der Juden in die Vernichtungslager des NS-Staates“? Wohl nicht in erster Linie deshalb, weil seit dem Ende von DDR und UdSSR neues Filmmaterial aufgetaucht ist. Denn im wesentlichen zeigt Erwin Leiser, der wieder mit Zitaten aus „Mein Kampf“ beginnt, die bekannten Bilder: Boykotthetze, Göringrede, 9. November, Deportationen, Befreiung von Auschwitz. Dazu Aufnahmen mit Tätern – Aufseher, Lagerarzt, Gaskammertechniker –, die vor polnischen oder sowjetischen Kameras ihren Anteil an der Vernichtungsmaschinerie beschrieben haben. Eher einleuchend ist Leisers Begründung, daß jetzt „ein Film benötigt wird, für ein großes Publikum, der in einer knappen Stunde die Steigerung der Judenverfolgung von den Anfängen zu den Vernichtungslagern darstellt“.

In der Tat, es ist ein synthetisch- informativer Film geworden, der die Chance hat, eine Generation zu erreichen, die sich die aufwühlenden Stunden von Lanzmanns „Shoa“ wahrscheinlich nicht zumuten wird; jene unerträgliche Spannung und Dichte, in der seine Interviews aus Überlebenden das nie zuvor Ausgesprochene herausfragen.

Ganz anders Leisers drei deutschsprachige Zeitzeugen, die auch alle Auschwitz überlebt haben. Sie reden von selber, haben die Zeit der Sprachlosigkeit überwunden; sie schildern nicht – nein, sie erzählen freundlich, was ihnen geschehen ist. Der vierzehnjährige Wunderknabe mit der Geige, der – eigentlich schon in Prag lebend – auf Konzertreise zurück im Dresdener Elternhaus, verhaftet wird. Die Zwölfjährige, die in Auschwitz die Habseligkeiten der Vergasten sortieren muß und dabei die Handtasche ihrer Mutter findet, mit Briefen an sie selbst, die nie angekommen sind.

Eine Dokumentation für die politische Bildung, die bewußt darauf verzichtet, den Forschungsstand und die offenen Fragen zu referieren – ab wann war der Holocaust geplant, was hätte verhindert werden können?Michael Rediske

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