Fahrplan kündigt Zittern um den Job an

Bei der Bahn setzt sich der Stellenabbau fort. Eine Beschäftigungsinitiative soll jedoch die Streichungen lindern. Betriebe, die Bahnlehrlinge übernehmen, bekommen über 10.000 Mark  ■ Von Klaus Wittmann

Memmingen (taz) – Die Deutsche Bahn AG wird weitere Stellen abbauen. Daran wird sich auch nach dem gestrigen Spitzengespräch bei Verkehrsminister Matthias Wissmann nichts ändern. Bahngewerkschafter hatten sich mit Bahn-Chef Heinz Dürr und Experten aus dem Verkehrsministerium getroffen, um eine Beschäftigsungsinitiative zu entwickeln. Entschieden wurde in Bonn aber lediglich, daß eine Expertengruppe einen Maßnahmenkatalog ausarbeiten soll. Wie die konkreten Zahlen aussehen, vermochte noch niemand zu sagen.

Die Bahngewerkschaft geht davon aus, daß die Zahl der geplanten Stellenkürzungen von knapp 20.000 auf 10.000 halbiert werden kann. Möglich werden soll dies durch den Abbau von Überstunden, die Ausweitung von Teilzeitarbeit und einer Flexibilisierung der Arbeitszeit. Bahn-Chef Dürr hingegen sprach von einer Stellenkürzung um 18.000 auf 312.000. Die Kürzung bei den Ausbildungsstellen soll aber geringer ausfallen als zunächst geplant. Vorgesehen war eine Reduzierung von 5.000 Lehrstellen (1995) auf 3.400 bis 3.800. Die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED), die eine Aufstockung um 3.000 Ausbildungsplätze gefordert hatte, rückte von dieser Zahl ab und verlangte nur noch ein Plus von mindestens 2.000 Lehrstellen.

Der Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, daß an vielen Bahnhöfen, zum Beispiel in München, bereits heute permanenter Personalnotstand herrsche. Dringend erforderlich sei es daher, zusätzliche Finanzmittel aus dem Straßenbauetat abzuziehen und dem Ausbildungsetat bei der Bahn AG zuzuschlagen. Nach bisherigen Planungen sollten von den 180 Ausbildungseinrichtungen mehr als die Hälfte geschlossen werden. Wieviele es nun genau sind, wird wohl frühestens zum Spitzengespräch Mitte März feststehen.

Der Jugendvertreter der Eisenbahnergewerkschaft, Stefan Weiß, bemängelte außerdem, daß die Einstellungsausschreibungen für 1995 so spät erfolgt seien, daß statt der genehmigten 5.000 Auszubildenden nur 4.250 eingestellt wurden. Er kritisierte darüberhinaus die Praxis der Übernahmehilfen. Industriebetriebe und andere Unternehmen würden zwischen 10.000 und 12.500 Mark Zuschuß bekommen, wenn sie für ein Jahr einen nichtübernommenen Bahnlehrling beschäftigen. Das sei ein Unding, wenn man bedenke, „daß beispielsweise im Nahverkehr wegen falscher Personalplanung weniger qualifizierte Leute von der Straße weg eingestellt werden müssen“.Kommentar Seite 10