Ausbruchsserien

■ Verliebte Gegensätze: Two Girls in Love

Auch wenn das Ärger gibt, aber gesehen, gesagt: Diese Nestfluchtstory Two Girls in Love gehört in die Landesbildstelle und nicht ins Kino. Wir schreiben das Jahr vier vor 2000 und fast alle Kinobesucher wissen, wie es geht, wenn unsere Gattung sich verliebt: Lider senken, Briefchen schreiben, Händchen halten, Unterhemden aufknöpfen...

Und jeder, der mit 17 im Ehebett der verreisten Eltern rumgefummelt hat, weiß, daß Mutti Ärger machen würde, wenn sie jetzt nach Hause käme. Man braucht also zuverlässige Eltern. Und zuverlässige Eltern haben die verliebten Mädchen Randy und Eve beide nicht. Randy, zaundünn, anorektisch bis androgyn, verwahrlost außerhalb ihres straight lesbisch geführten Elternhauses, während Eve von ihrer sitzengelassenen Bankersmutter derart zugeschüttet wird, daß sie in ihren engen Pullis kaum noch Luft kriegt. Eve ist im übrigen ein kurvenreiches, langbeiniges schokoladenfarbenes Mädchen, die in ihrem Landrover zur Schule fährt und wenn sie nicht Klassik hört, mit Mutti Sushi zubereitet.

Außerdem gehen beide aufs College. Und hier trifft sich seit der allgemeinen Schulpflicht bekanntlich Bauer und Baron, arm und reich, dumm und schlau, Hetero und Lesbe. Hier treffen sich auch Randy und Eve. Der Rest ist schnell erzählt. Sie faszinieren und treffen sich, tauschen Stones gegen Tschaikowski und die ersten Küsse aus. Dieser Austausch endet letzlich im Bett von Evies Mutter, die unzuverlässigerweise ihre Reise abbricht und das Malheur mit Schimpf und Schande aus dem Bett und dem Haus wirft.

Maria Maggentis Film stellt sich in eine Reihe mit dem Bürgerlichen Trauerspiele und den Ausbrüchen der 50er Jahre von Marlon Brando und James Dean. Aber dafür braucht es starre gesellschaftliche Verhältnisse. Und die Wut der Verzweiflung. Und die fehlen angesichts eines Coming Outs in Texas ebenso wie in Barmbek.

Elsa Freese

Alabama, 3001