Unbarmherzige Arbeiter-Samariter

■ Krach um Krankenhaus des Arbeiter-Samariter-Bundes. ÖTV vermutet Verkauf der lukrativen Wannsee-Immobilie

Steht der „Schwedenpavillon“ am Wannsee vor der Schließung? Die Gewerkschaft ÖTV wirft dem Träger des geriatrischen Krankenhauses, dem Arbeiter-Samariter- Bund (ASB), und dessen Geschäftsführer Bernhard Harbeke vor, nicht an einer Umwandlung in eine Pflegeeinrichtung interessiert zu sein. Statt dessen fordere der ASB rund 20 Millionen Mark Steuergelder für die Abwicklung der Einrichtung – für die ÖTV ein „skandalöses Verhalten“.

Der ASB hat den 167 MitarbeiterInnen zum 30. Juni 1996 gekündigt, weil der Schwedenpavillon in seiner derzeitigen Funktion laut Krankenhausplan ab 1997 nicht mehr weitergeführt wird. Herbeke weist die Vorwürfe zurück: Der ASB würde den Schwedenpavillon „liebend gerne“ umwandeln, könne das zu erwartende Defizit aber nicht selbst tragen. Nach Informationen der taz wird heute mit dem ASB über Angebote des Landes und der Sozialversicherung verhandelt. „Auch im gemeinnützigen Bereich scheinen sogenannte Sozialmanager nicht mehr an der Entwicklung, sondern nur noch an der Abwicklung erhaltenswürdiger Einrichtungen unter Abschöpfung von möglichst üppigen öffentlichen Mitteln interessiert zu sein“, so ÖTV-Vorsitzender Kurt Lange. Gewerkschaft und Betriebsrat sehen gute Voraussetzungen für ein Altenpflegezentrum am Wannsee, da neben dem Schwedenpavillon bereits ein Altenheim mit 100 Plätzen steht.

ÖTV-Pressesprecher Ernst- Otto Kock sieht auch die Senatsverwaltung auf seiner Seite: Im vergangenen November versuchte die damalige Sozialsenatorin, Ingrid Stahmer, den ASB mit Angeboten zur Förderung von Pflegebetten zur Fortführung zu überreden. Kock vermutet jedoch, der ASB wolle das wertvolle Seegrundstück lukrativ verkaufen, was ihn an der Gemeinnützigkeit zweifeln lasse.

„Es wird definitiv nichts verkauft“, tritt Harbeke dem entgegen. Es gebe noch überhaupt keine Pläne, was mit dem Schwedenpavillon nach seiner möglichen Schließung geschehen soll. Der ASB habe in den letzten Jahren selbst Konzepte zur Umwandlung in eine Pflegeeinrichtung erarbeitet, die die Krankenkassen jedoch abgelehnt hätten.

Auch bei einer Fortführung mit rund 60 Pflegebetten würden nur 33 MitarbeiterInnen übernommen, so der ASB-Geschäftsführer. Diese hätten aufgrund ihrer langjährigen Betriebszugehörigkeit die höchsten Lohnansprüche, was ein jährliches Defizit von rund einer dreiviertel Million ergäbe. Gleichzeitig wirft er ÖTV und Betriebsrat vor, den Kompromißvorschlag des ASB abzulehnen. Der sieht vor, den verbleibenden MitarbeiterInnen künftig leistungsabhängig durchschnittlich nur noch 90 Prozent ihres bisherigen Lohns zu zahlen.

Weil sich der Betriebsrat zudem weigere, einen Sozialplan für alle 167 Beschäftigten zu erarbeiten, steht am 26. Februar eine Verhandlung vor einem Arbeitsrichter an. Bernd Kastner