Lichtblick im männlichen Gedankenmief

■ betr.: „Mama-Mobbing“, taz vom 30. 1. 96

[...] Die real existierenden oder werdenden Mütter werden von Frau Scheub so charakterisiert, wie sie in dieser Funktion wohl tatsächlich sind. Sie sollen aber von den anderen Leuten irgendwie „höher“ oder „besser“ bewertet oder betrachtet werden.

Wieso denn? Wer zwingt sie denn dazu, unter großen Mühen und voller Stolz darauf, ständig zur Vermehrung von Lebewesen beizutragen, die massenhaft damit beschäftigt sind, ihren Planeten kahlzufressen, sich gegenseitig umzubringen oder sich wenigstens das Leben gegenseitig schwerzumachen, sich meistens auf kompetitive Weise im Wege zu stehen und überdies nach und nach alle anderen Lebewesen auszurotten. Ausgenommen nur diejenigen, die von ihnen aufgefressen werden. Es gibt inzwischen mehr als genug Leute überall auf der Erde, auch in Deutschland. Wer mehr möchte und dabei in Schwierigkeiten gerät, möge das als seine Privatangelegenheit betrachten. [...] Klaus Braunert, Kropp

Bravo, Frau Scheub, bravo Frau Klinger! Wieder mal ein Lichtblick in Ihrem sonst meist auch nur männlichen Gedankenmief und -muff verbreitenden Blatt. Karin Krauß, Berlin

Mit Freude habe ich Ihren Artikel gelesen. Auch über den Artikel von Nadja Klinger habe ich mich damals schon gefreut, bin aber nicht zum Schreiben gekommen.

Es muß doch verdammt noch mal einen Weg zwischen der „Eideideidutzidutzi-Mama“ und der „Natürlichkannichauchabends(mittags?nachts?)zumGeschäftsterminkommen-Mam a“ geben. Allerdings bin ich ehrlich gesagt (psst! Es braucht ja niemand zu wissen: ich habe drei...) noch immer am Suchen. Lioba Zürn-Kasztantowicz,

Berlin

Ist es nicht ver-rückt, daß frau sich freut, wenn eine andere laut und positiv über Mutterschaft, eine ganz normale, weit verbreitete Lebenslage von Frauen nachdenkt? Daß sie freudig erstaunt ist, das Thema in einer Zeitung angesprochen zu sehen, die vorgeblich die Existenzweisen von Frauen genauso ernst nimmt, wie die von Männern? Und ist es nicht ver- rückt, daß dies ein Ereignis ist, nicht wegen, sondern trotz der Frauenbewegung? Kurz, ich kann nur unterstreichen, was Ute Scheub so klug und voller trockenem Humor von verschiedenen Seiten beleuchtet hat.

Es ist höchste Zeit, daß die Diffamierung des Mütterlichen auch und gerade im linken, alternativen, sozialistischen Denken beendet wird. Sie leistet doch der globalisierten Produktionsschlacht und Produktionsoffensive nur Vorschub. Deren Hintergrund ist die Perversion, daß die industriell- technische Produktion als eigentlich Leben schaffend gilt, das Kinderkriegen und Kinderhaben aber nur als störend in diesem (Wert-)Schöpfungsprozeß empfunden wird. Das nationalistische Gebrabbel vom „Wirtschaftsstandort Deutschland“ stammt bekanntlich nicht von den Müttern, sondern von der Industrie – die dabei längst nicht mehr national organisiert ist – und ihren Apologeten. Auf der Grundlage einer Religion, für die nur das künstlich Produzierte etwas wert ist, gelingt es ihnen auch noch, daß das Abschaffen der lebendigen Arbeitskraft als wirtschaftliche Not-wendigkeit akzeptiert wird. Deshalb wird ja jetzt nicht die Industrie, nicht das Wirtschaftliche, sondern das Soziale umgebaut. Frei nach Ute Scheub: Wenn diese „patriarchale Scheiße nicht öffentlich markiert wird“, werden wir in ihr versinken. Veronika Bennholdt-Thomsen, Institut für Theorie und Praxis der Subsistenz e.V., Bielefeld

Die Opferbereitschaft der Mütter ist tatsächlich bescheuert! Kindererziehung ist Arbeit, und Arbeit muß finanziell abgesichert sein und eine eigenständige Existenz ermöglichen. Viele „liebe“ Mütter haben dies erkannt und streiten für ein Gehalt für Familienarbeit vor allem für die ersten Lebensjahre eines Kindes. Wieso muß denn Kinderhaben direkt in die Abhängigkeit von Männern (Ehemannern/Sozialamt) führen?

Beim Patriarchat handelt es sich nämlich nicht (nur) um Hundehaufen, es geht schlicht ums Geld und die Verteilung des Geldes in der Gesellschaft: Männer haben Geld und Frauen müssen leben wie Männer, um auch welches zu haben. Nicht die Mütter sind doof, sondern die, die dieses Denkmuster akzeptieren. Es muß auch ein „weibliches“ Lebensmuster geben können – was nicht heißt, daß dieses immer von Frauen ausgefüllt werden muß. Jacqueline Poetschke, Deutsche

Hausfrauengewerkschaft e.V.,

Stuttgart

Daß die Verfasserin in ihrem Artikel ausgerechnet Martin Luther erwähnt, ist schon interessant. Der war ja nun sehr für's Gebären: „Die Schwangerschaft ist die wirkliche Gesundheit der Frau ... Und wenn sie sich daran tottragen – lasset sie nur tottragen – das macht nichts – sie sind darum da.“ So in etwa hat er sich geäußert, der große Mann, und hatte damit, welch ein Zufall! – das richtige Motto für die Entstehung der Manufakturen und später des Kapitalismus: Menschenmassenproduktion.

Das führte dann in Europa relativ früh zur Übervölkerung und – mittels Auswanderung, Völkermord und Sklaverei zur Entstehung der freiheitlichsten aller Gesellschaften. Nun haben wir ja mehr denn je Freiheit und das heißt natürlich in erster Linie das Gesetz des freien Marktes: Je mehr von einem Gut vorhanden ist, desto mehr sinkt sein Wert. Und hier beginnt mein Problem mit den „Mamas“. Nicht daß sie „bleibende Werte schaffen ohne sich dafür bezahlen zu lassen“, sondern daß sie – das ist zumindest mein Eindruck – meinen, das Gesetz des „freien“ Marktes würde ausgerechnet vor ihren Kindern haltmachen. Da wird auf Kinderlose und Hundebesitzer geschimpft und offensichtlich nicht gesehen, daß das Kind, das ich nicht habe und der Hund (ich bin Katzenfan) ihrem Kind später nicht den letzten noch halbwegs akzeptierten Arbeitsplatz und die letzte bezahlbare Wohnung wegnehmen werden. Das Problem der Kinderfeindlichkeit liegt doch nicht in den Banalitäten die dort beschrieben werden, sondern darin, daß diese Gesellschaft, trotz großer Sprüche auf den oberen Entscheidungsebenen klar macht, wo wirklich die Prioritäten liegen: zum Beispiel neue Raseautobahnen für Autojunkies statt Kitas, Irrsinngsgewinne für reiche „Investoren“ und Einsparungen bei Müttern und Kindern – die sollen ja auch bei schönstem Sommerwetter nicht rausgehen wegen des Ozongehaltes! Die Liste ließe sich weiterführen, aber das kennen wir ja alles. Das freiheitliche Wirtschaftssystem scheint darauf zu beruhen: Löhne zahlen wie in Indien und Preise nehmen wie in Nordeuropa (einschließlich der Gehälter für Führungskräfte). Die „Mamas“ arbeiten – ohne es zu wollen – diesem System zu – aus Gründen, die damit nichts zu tun haben, natürlich. So blöde es sich liest, aber wenn Frauen wirklich wollen, daß sich am Verhältnis der Gesellschaft zu Kindern etwas ändert, dann sollten sie sich rar machen, sprich das Gebären verweigern – ein alter Hut, ich weiß. Aber das wäre eine Sprache, die die Politiker vielleicht verstehen würden. Und wenn das emotionale Bedürfnis nach einem Kind so groß ist, daß sie sich doch welche anschaffen, dann sollten sie aber endlich aufhören, anderen Leuten, die keine wollen, ein schlechtes Gewissen einzureden. Und was das berühmte Rentenargument angeht: in „unsere gute alte Rentennkasse“ kann nur einzahlen, wer auch Arbeit hat, und das werden in Zukunft immer weniger sein, angesichts „schlanker Produktion“, „Restrukturierung“ und „Personalabbau“. Da werden wir Älteren arbeiten (müssen) bis – ja hoffentlich nicht bis wir von verzweifelten jüngeren Arbeitslosen eins über den Kopf kriegen. Elvira Büchner, Berlin