Die Unita spielt wieder auf Zeit

Heute läuft das UNO-Ultimatum über die Demobilisierung von 16.500 Rebellen in Angola ab. Bislang haben sich aber erst 1.500 gemeldet  ■ Von Kordula Doerfler

Der Friedensprozeß in Angola ist erneut an einem kritischen Punkt angelangt. Heute läuft ein Ultimatum der Vereinten Nationen ab, bis zu dem sich 16.500 Soldaten der Rebellenbewegung Unita in UN-Demobilisierungs-Lagern gemeldet haben müssen. Daß es dazu wirklich kommt, ist höchst unwahrscheinlich, obwohl die Unita Anfang dieser Woche einen „massenhaften Zustrom“ der eigenen Truppen versprochen hatte. Rebellenchef Jonas Savimbi spielt offenbar wieder einmal auf Zeit, denn tatsächlich haben sich bislang erst 1.500 seiner Soldaten in die Camps begeben.

Der Friedensprozeß in Angola, der im November 1994 im sogenannten Protokoll von Lusaka ratifiziert worden war, ist damit um viele Monate im Verzug. Schon im Januar hätten mindestens 30.000 Unita-Soldaten entwaffnet sein müssen. Selbst die UNO, die die Mission in dem südwestafrikanischen Land unbedingt zu einem Erfolg machen möchte, ist jetzt am Ende ihrer Geduld angelangt. Heute will der Weltsicherheitsrat auch über die Fortsetzung der Mission entscheiden. Das Mandat soll zunächst nur für drei Monate verlängert werden.

Vor allem die USA versuchen seit Monaten, Druck auf beide Parteien in Angola auszuüben, damit sie die Bedingungen des Waffenstillstandes einhalten. Bei einem Besuch des angolanischen Präsidenten Eduardo dos Santos in Washington im vergangenen Dezember stellte Präsident Bill Clinton klar, daß die Geduld der Welt zu Ende sei. Aber auch die angolanische Regierung hat es nicht gerade eilig. Wochenlang lieferten sich Ende vergangenen Jahres Regierungs- und Unita-Truppen wieder schwere Gefechte, und die Regierung besetzte mehrere Ortschaften in Unita-Gebiet. Erst eine schwere Rüge des UN-Sonderbeauftragten in Angola, Alioune Blondin Beye, und der Rüffel Clintons bewegten Präsident dos Santos dazu, seine Truppen zurückzuziehen.

Insgesamt, so sieht es das Lusaka-Protokoll vor, sollen während der UN-Mission 60.000 Unita- und 100.000 Regierungssoldaten entwaffnet und 90.000 Mann aus beiden Lagern in eine neue gemeinsame Armee überführt werden. 7.500 UN-Blauhelme sollen diesen Prozeß nach einem Beschluß des Sicherheitsrates vom Januar vergangenen Jahres überwachen und nach den freien Präsidentschaftswahlen 1997 wieder abziehen.

Doch nicht nur militärisch stockt der Prozeß, auch die politische Aussöhnung findet bislang nur auf dem Papier statt. Zwar hat dos Santos dem Unita-Chef Savimbi den Posten des Vizepräsidenten in einer „Regierung der Nationalen Einheit“ nach südafrikanischem Vorbild zugesichert, und Savimbi hat sich im Prinzip damit einverstanden erklärt. Doch die Regierungsumbildung läßt bislang ebenso auf sich warten wie ein seit Monaten anberaumtes Treffen zwischen den beiden politischen Führern, das jedes Mal kurz vorher von der Unita abgesagt wird.

Auch die Nachbarländer im südlichen Afrika sind besorgt, daß es zu einem Rückfall in den jahrzehntelangen Bürgerkrieg kommen könnte, der erneut die gesamte Region destabilisieren und die Hoffnungen auf wirtschaftlichen Aufschwung zunichte machen würde. Die südafrikanische Regierung steht unter besonderem Druck, muß sie sich doch vorhalten lassen, daß noch südafrikanische Söldner in Angola stehen.

Kontroverse um südafrikanische Söldner

Seit zwei Jahren beschäftigt die in Pretoria ansässige private Firma „Executive Outcomes“ mehrere hundert Söldner in Angola, meist ehemalige Soldaten der südafrikanischen Armee, die angolanische Regierungstruppen im Kampf gegen Unita ausbilden. Im Lusaka- Protokoll ist vorgesehen, daß alle ausländischen Söldner abgezogen werden, doch damit ließ sich die Regierung Zeit. Erst nach seinem Washington-Besuch erklärte dos Santos den Vertrag mit den Südafrikanern für beendet. Bis zum 20. Januar sollten alle Söldner aus Südafrika das Land verlassen haben. Daß das tatsächlich passiert, ist jedoch eher unwahrscheinlich.

Denn in Angola läßt sich viel Geld verdienen. Zwei Jahresverträge über jeweils 20 Millionen US- Dollar plus jeweils den gleichen Betrag für Logistik hatte das Unternehmen in Pretoria mit der angolanischen Regierung ausgehandelt und den Regierungstruppen vor allem in erdölreichen Provinzen im Norden tatkräftige Unterstützung geleistet. Nicht zuletzt dieser Hilfe war es 1994 zu verdanken, daß Unita seine militärische Chancen schwinden sah und dem Friedensvertrag zustimmte. Nach dessen Unterzeichnung gründete „Executive Outcomes“ mehrere „kommerzielle“ Subunternehmen, die auch jetzt nach der offiziellen Kündigung des Hauptvertrages weiterhin bestehen. Wenn sich der Unita-Führer Savimbi letzte Woche gegenüber dem südafrikanischen Außenminister Alfred Nzo darüber beklagte, daß nicht alle Söldner abgezogen seien, ist das somit sicher nicht falsch.

Nzo erklärte zwar, die Söldner hätten die südafrikanische Regierung in große Verlegenheit gebracht und alle Verträge seien jetzt beendet. Allzu großen Druck übt die südafrikanische Regierung jedoch nicht auf die Firma aus. Seit vergangenem März kämpfen mehrere hundert Söldner auch in Sierra Leone auf Seiten der Militär-Regierung. Nach dem Putsch im Januar wurde die Firma zwar erneut öffentlich kritisiert, zurückgezogen hat sie ihre Männer aber nicht, obwohl sie für sich in Anspruch nimmt, nur für „legitime Regierungen“ zu arbeiten.