Kleine Sorge und großes Geschäft

■ US-Regierung hebt Sanktionen gegen Peking auf, um ganz zivile Satelliten zu verkaufen. Das sei kein politischer, sondern ein rein wirtschaftlicher Schritt. China solle aber aufhören, Taiwan zu bedrohen

Berlin (AFP/AP/taz) – US-Präsident Bill Clinton will die Handelsbeschränkungen gegen China aufheben, die nach der Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung 1989 verhängt worden waren. Das kündigte er am Dienstag in einem Brief an den US-Kongreß an. Ein Regierungsmitarbeiter, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte, damit sei der Weg für den Verkauf von vier US-Kommunikationssatelliten an China frei.

Die Aufhebung der Sanktionen fällt zeitlich mit militärischen Drohgebärden Chinas gegenüber Taiwan zusammen. Der Konflikt zwischen Taiwan und China ist auch Thema bei dem Besuch des chinesischen Vizeaußenministers Li Zhaoxing, der sich seit Sonntag in Washington aufhält.

Nach einem Bericht der Hongkonger Zeitung Ming Pao sollen die Manöver bereits am Samstag beginnen. Allerdings sprach das Blatt nur von 40.000–50.000 Soldaten, die unter Leitung des Vizegeneralstabschefs Gui Fulin eine Woche bis zum traditionellen chinesischen Neujahrsfest am 19. Februar üben sollen. US-Außenminister William Perry erklärte am Dienstag, er könne noch keine akute Bedrohung Taiwans erkennen. Perry sagte auf die Frage nach der Reaktion auf eine chinesische Angriffsdrohung, er könne lediglich auf den Wortlaut des „Taiwan Relations Act“ verweisen, Grundlage der Beziehungen zwischen beiden Staaten: Dort heißt es, militärische Gewalt zur Entscheidung der Zukunft von Taiwan würde in den USA „ernste Besorgnis“ auslösen. Die nun von den USA nach China zu liefernden Satelliten sollen nach den Worten des Regierungsmitarbeiters für drei Kommunikationsprojekte eingesetzt werden. Zwei Lockheed- und ein Hughes-Satellit sollen der Übertragung von Fernsehbildern und Tönen sowie der Datenübertragung nach China dienen. Mit Hilfe des vierten Satelliten von Loral sollen Fernsehtöne und Bilder in die Philippinen und andere Nachbarländer Chinas gesendet werden. Alle Satelliten würden von chinesischem Gebiet aus mit chinesischen Trägerraketen auf ihre Umlaufbahn befördert.

Der US-Regierungsvertreter betonte, die Entscheidung zur Aufhebung der Sanktionen sei nicht politisch, sondern durch Handelsinteressen motiviert. Es handele sich um eine Maßnahme, die es US-Unternehmen ermöglichen solle, auf einem der wichtigsten neuen Märkte der Welt zu bestehen. Und die Konkurrenz ist wach: Erst am Mittwoch ist der französische Außenminister Hervé de Charette zu einem einwöchigen Besuch in China eingetroffen – mit einer großen Wirtschaftsdelegation im Troß. Gleichzeitig besucht Chinas Vizepremier und Superwirtschaftsminister Zhu Rongji die Bundesrepublik.

Clinton hatte unter dem Druck der US-Firmen bereits 1993 seinen Standpunkt aufgegeben, die Gewährung der Meistbegünstigungsklausel für China an die Verbesserung der Menschenrechtslage in dem Land zu knüpfen. Ganz ungestört können sich die Handelsbeziehungen auch nach der jüngsten Ankündigung Clintons nicht entwickeln: Nachdem US-Geheimdienstkreise überzeugt sind, daß China sensible Atomtechnologie an Pakistan geliefert hat, zwingt ein US-Gesetz die Regierung möglicherweise, erneut Sanktionen gegen China zu verhängen. li