■ Mit Gennadi Sjuganow auf du und du
: Mit doppelter Zunge

Davos (taz) – Es gibt einen Gennadi Sjuganow für den Hausgebrauch und einen anderen für das Ausland – das ergibt jedenfalls ein Vergleich der Äußerungen, die der KP-Chef und mutmaßliche neue Präsident Rußlands in der letzten Zeit gemacht hat. Ein paar Kostproben:

„Was will die Business Community? Stabilität, kalkulierbare Spielregeln und mit den Gewinnen machen, was sie will, Kann Jelzin dafür sorgen? Sie werden das möglicherweise verneinen. Und Schirinowski? Da lautet die Antwort mit Sicherheit nein.“

„Wir haben schon vor langer Zeit entschieden, die Wirtschaft zu entnationalisieren, mit verschiedenen Eigentumsformen... Den privatisierten Firmen, die gut arbeiten, in denen die gewerkschaftlichen Rechte gewahrt sind und die die Gesetze akzeptieren, geben wir alle Möglichkeiten, mit ihrer Arbeit fortzufahren.“ (Pressekonferenz in Davos)

„Die Privatisierung in den USA brauchte hundert Jahre. Bei uns fand sie in drei Jahren statt. Das ist barbarisch... Die Hauptbedeutung der Reformen besteht darin, die richtigen Proportionen zwischen dem staatlichen, dem kollektiven und dem privaten Besitz zu finden.“ (Ansprache in Davos)

„Wir sind bereit, amerikanische Investitionen zu garantieren und für sie bessere Bedingungen zu schaffen, als derzeit existieren.“ (International Herald Tribune)

Aber es gibt auch einen anderen Sjuganow:

„In einem großen Land muß es einen großen Anteil an öffentlichem und Staatseigentum geben.“ (Interview mit Moskowski Komsomoletzk)

„Wir müssen die Banken, die Börsen und die Versicherungsgesellschaften nationalisieren.“ (Interview mit Glasnost)

„Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die gegenwärtige Besetzung unseres Landes schlimmer als die Besetzung während des 2. Weltkrieges. Das grüne Papier (Dollar – d.R.) hat mehr Auswirkungen als alle faschistischen Panzer, Flugzeuge, Kanonen und Maschinengewehre... Die ausländischen Abgesandten von IWF und den anderen internationalen Finanzinstitutionen benehmen sich wie Gauleiter.“ (Interview mit Zavtra)

„Wir müssen alles Eigentum, das entgegen dem öffentlichen Interesse privatisiert wurde, dem Volk zurückgeben und unter staatliche Kontrolle stellen. In der russischen Wirtschaft soll der sozialistischen Form der Betriebsführung die leitende Rolle gehören... Die Kommunistische Partei sieht ihr Hauptziel darin, eine Situation zu erreichen, in der es kein privates Eigentum an Land oder Bodenschätzen gibt. (Programm der Kommunistischen Partei) Auswahl: diba