„Durch Investitionsverweigerung kaputtsaniert“

■ Auch die Bürgerinitiative „Maagucker“ will den Standortes Griesheim der Hoechst AG erhalten. Heute demonstriert der Betriebsrat gegen Schließungspläne

Frankfurt/Main (taz) – Nach den PolitikerInnen aller – auch grüner – Couleur in Frankfurt und Wiesbaden, hat sich nun auch die Umweltschutzinitiative „Höchster Schnüffler und – Maagucker“ für den Verbleib der Anlagen der Hoechst AG „hier am Standort Griesheim“ ausgesprochen. Hoechst bewege sich derzeit „nahe an einem neuen Rekordgewinn“, schreibt die Initiative. Der Konzern könne deshalb weit mehr Geld als die von Vorstandsboß Jürgen Dormann offerierten 150 Millionen Mark in die Anlagensicherheit vor allem im Werk Griesheim investieren. Schon seit den 70er Jahren seien von Hoechst die Investitionen in Sachanlagen vernachlässigt worden: „Das erklärt den veralteten Zustand vieler Anlagen.“ Vor allem auf Grund dieser maroden Anlagentechnik, so Thomas Schlimme von den „Maaguckern“, die sich seit 15 Jahren (fast) ausschließlich mit der Hoechst AG auseinandersetzen, wirkten sich Bedienungsfehler dramatisch aus. Schlimme wirft dem Vorstand der Hoechst AG vor, die Werke im Rhein-Main-Gebiet „durch Investitionsverweigerung kaputtsaniert“ zu haben. Schlimme: „Es ist extrem unfair von Dormann, nach Störfällen immer wieder die Schuld auf die jeweiligen Bedienungsmannschaften zu schieben.“

Die Bürgerinitiative ist davon überzeugt, daß es „praktisch in jedem Fall“ möglich sei, ungefährliche Anlagen zur Herstellung der Produkte von Hoechst zu bauen. Davor wäre allerdings die Frage zu stellen, ob sich extrem umwelt- und gesundheitsgefährdende Produkte nicht durch andere ersetzen lassen. Mit seinem Vorstoß vom Montag, so mutmaßten die „Maagucker“, habe Vorstandschef Dormann nur eine alte Strategie wieder neu aufgelegt: „Mit der Ankündigung, den Standort Griesheim schließen zu wollen, ist es ihm gelungen, den uralten Widerspruch zwischen Arbeit und Umweltschutz wieder aufleben zu lassen und die Umweltschützer als Blitzableiter für seine Stillegungspolitik zu mißbrauchen.“

Für heute (12 Uhr) haben die Betriebsräte des Werkes Griesheim und die IG Chemie zu einer Kundgebung vor dem Werkstor gegen die „Ausverkaufspolitik von Herrn Dormann“ aufgerufen. Motto: „Unsere Schmerzgrenze ist erreicht.“ Übrigens: Ein Ehepaar aus Griesheim, schrieb gestern die Frankfurter Rundschau, habe die hessische Umweltministerin Margarete Nimsch (Bündnisgrüne) über einen Rechtsanwalt aufgefordert, das marode Werk Griesheim „bis zum 20. Februar“ zu schließen. Nimsch könne dabei von ihrem „pflichtgemäßen Ermessen“ nach Bundesimmissionsschutzgesetz Gebrauch machen. Klaus-Peter Klingelschmitt