Kanther mobbte, Zachert geht

■ BKA-Chef Zachert wurde in den Vorruhestand getrieben. Nachfolger Kerstner wird „politischer Beamter“

Berlin (taz) – Zwei Jahre mobbte Manfred Kanther, dann nahm BKA-Chef Hans-Ludwig Zachert seinen Hut. Den Nachfolger kann der Innenminister gegebenenfalls schneller loswerden, dafür hat er vorgesorgt: Ulrich Kerstner, der neue Mann an der Spitze des Bundeskriminalamtes, soll im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger „politischer Beamter“ werden. Der präsidiale Amtssessel wird damit zum Schleudersitz, denn politische Beamte können jederzeit und ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.

Der frühere Generalbundesanwalt Alexander von Stahl kann ein Lied davon singen. Er wurde im Anschluß an den fehlgeschlagenen Polizeieinsatz in Bad Kleinen als „politischer“ gefeuert. Anders bei Zachert: Zwar wurde auch er nach Bad Kleinen als einer der Verantwortlichen auf die Liste der Rücktrittskandidaten gesetzt, wegen seiner Stellung als Laufbahnbeamter hätte er aber nur auf eine gleich- oder höherwertige Beamtenstelle versetzt werden können. Und einen solchen Posten gab es nicht. Um den Mann an der BKA- Spitze weg zu bekommen, verlegte sich Innenminister Manfred Kanther (als Nachfolger von Innenminister Rudolf Seiters, der auch wegen Bad Kleinen seinen Rücktritt einreichte) schließlich auf Mobbing.

Zachert, der um seinen Posten kämpfte, wurde Stück für Stück entmachtet. Unter dem schönen Titel „kollegial geprägte Führung“ wurde ihm ein Vizepräsident an die Seite gestellt, der seither die Aufgabe hat, den Präsidenten nicht nur in dessen Abwesenheit, sondern auch bei seiner „Anwesenheit“ zu vertreten. Das war vor knapp zwei Jahren. Damals bereits hatte der FDP-Rechtspolitiker Burkhard Hirsch die Umwandlung der BKA-Spitzenstelle in die eines politischen Beamten gefordert, damals noch winkte Kanther ab. Statt dessen verlegte sich der Bonner Innenminister auf eine brachiale BKA-Reform.

Mit Wirkung zum 1. November 1994 wurde der Bereich der Terrorismusbekämpfung von Wiesbaden zur Außenstelle nach Meckenheim nahe Bonn verlegt. Die zwölf Abteilungen der Bundespolizei wurden neu strukturiert und in neun Ressorts zusammengefaßt. Der Erfolg war, wie die KritikerInnen der Reform es erwartet hatten. Statt Ruhe kehrte unter den Mitarbeitern nur Frust und Demotivierung ein. Verantwortlich dafür wurde Zachert gemacht.

Zum Abschied würdigte Kanther am späten Dienstag nachmittag die Dienstzeit des 59jährigen Zachert als eine „außerordentlich verantwortungsvolle Berufstätigkeit im öffentlichen Dienst“. Er wünschte ihm einen „etwas ruhigeren Gang in der nächsten Lebensphase“ und schickte dem Gemobbten hinterher: „Es ist nicht verwunderlich, daß in dieser für die innere Sicherheit bewegten Zeit sein unermüdliches Schaffen auch an seiner Gesundheit gezehrt hat.“

Den Neuen stellte der Innenminister als „Reformer mit Augenmaß“ vor. Die Absicht, Ulrich Kerstner zu einem politischen Beamten zu machen, erfordert eine Änderung des BKA-Gesetzes. Da dies bis zu seiner Amtsübernahme kaum zu bewerkstelligen ist, soll die Statusänderung rückwirkend erfolgen.

Mobbing ist dann nicht mehr notwendig. Wolfgang Gast