Haifischlaute helfen beim Zahnarzt

■ An der FU-Zahnklinik wird seit zwei Jahren mit Akupunktur gearbeitet. Bei Skeptikern aber geht der Erfolg gegen Null. Auch Laserakupunktur wird eingesetzt. Haifischlaute sollen gegen Schmerzen helfen

Für den Ruf ihrer Branche legen sich die Zahnärzte mächtig ins Zeug. Um die Angst vor dem Bohrer zu nehmen, werden verstärkt Akupunktur und Hypnose als Begleittherapie eingesetzt. Bei Patienten, die extrem ängstlich sind oder unter massiven chronischen Schmerzen leiden, sind diese Methoden zum Teil sehr erfolgreich, wie der wissenschaftliche Leiter des 10. Berliner Zahnärztetages, Professor Wolfgang B. Freesmeyer von der Freien Universität (FU), gestern erklärte.

In Berlin bieten mittlerweile jeweils rund 100 Zahnärzte Akupunktur und Hypnose an, mit steigender Tendenz. In der Zahnarztpraxis wird Akupunktur vor allem eingesetzt, um chronische Schmerzen im Kiefer- und Gesichtsbereich auszuschalten.

Die Erfolgsquote liegt bei etwa 80 Prozent. Auch Krampfzustände, durch die der Patient den Mund nicht ausreichend weit öffnen kann, können mit Hilfe der Nadeln gelöst werden. Erfolgreich ist die Methode auch bei der Unterdrückung von Brechreiz, der eine normale Abformung des Kiefers zur Vorbereitung von Zahnersatz unmöglich macht. Auch die schlichte Angst vor dem Zahnarzt und die daraus resultierenden Verkrampfungen ließen sich so lösen. Selbst der akute Brechreiz, der viele Patienten beim Abdruck für Zahnersatz befalle, könne mit Hilfe der Nadeln gedämpft werden.

An der FU-Zahnklinik wird seit zwei Jahren mit Akupunktur gearbeitet. Die Erfolgsquote liegt bei 85 Prozent, sagte Harry Fritz, der an der Einrichtung arbeitet. Bei Kindern und Patienten mit einer Art „Nadel-Phobie“ bestehe an der Klinik die Möglichkeit der Laserakupunktur: Anstelle der Nadeln führt ein Laserstrahl zu der gewünschten Stimulation des Akupunktur-Punktes.

Bei einer tiefgehenden Kariesbehandlung mit erheblicher Zahnnervbelastung stößt die Akupunktur dagegen auf ihre Grenzen, erläuterten die Experten. „Die Nadeln nehmen nicht die Schmerzen, sie machen ihn erträglicher“, betonte Fritz. Das wiederum vermag die Hypnose, bei der die Patienten durch Musik und Sprache in eine Art Trancezustand versetzt werden.

Mehr noch als bei der Hypnose müßten die Patienten aber auch von der Wirkung der gezielten Nadelstiche überzeugt sein. „Bei Skeptikern geht der Erfolg gegen Null.“ Für Freesmeyer beginnt Hypnose bereits, wenn der Arzt in ruhiger Art auf den Patienten zugeht.

Eine ungewohnte Methode, die aber deshalb nicht minder erfolgreich ist , wird bereits seit geraumer Zeit in einigen Praxen eingesetzt. Wo man sich früher nur im Wartesaal die Angst vor dem Bohrer mit Illustrierten vertrieb, ist der Eskapismus nun auch in die Behandlungszimmer selbst eingezogen: Schmerzlindernd wirke, so die Experten, auch Entspannungsmusik wie Haifischlaute oder der Lieblingshit des Patienten. Medizinische Hypnose habe nichts gemein mit den aus Fernsehsendungen bekannten Shows, bei denen der Kandidat in einen willenlosen Zustand versetzt werde, betonte der Präsident der Zahnärztekammer, Karl-Heinz Löchte. Voraussetzung für eine wirkungsvolle Anwendung dieser Methode sei nicht nur die wissenschaftliche Ausbildung des Arztes, sondern gleichrangig auch die Kooperation des Patienten. Vor allem Menschen, die von Natur aus konzentrationsfähig, phantasievoll und intelligent seien, genüge die Anwendung eine Hypnose-Tonbandes, um sich in einen entspannten Trancezustand versetzen zu lassen. „Dabei verschwinden Ängste und auch Schmerzen, der Puls geht ruhig und die gesamte Muskulatur ist entkrampft“, sagte der Arzt. Der Patient könne in aller Gelassenheit einfach „seinen Mund zur Reparatur abgeben“. dpa/AP/taz