Taiwan: Traummarkt für Waffenexporteure

■ Die reiche Insel modernisiert ihr Arsenal – auch mit deutscher Beteiligung

Berlin (taz) – Wenn die Panzer und Kriegsschiffe aus der Volksrepublik China kommen, sagte ein angesehener taiwanesischer Anwalt kürzlich, dann werde er kämpfen, notfalls sogar mit der Waffe in der Hand. Doch sollte die VR China tatsächlich einmal die „Republik China auf Taiwan“ angreifen, muß Taiwan sich nicht auf Intellektuelle mit dem Gewehr in der Hand verlassen. Französische Fregatten, US-amerikanische Kampfbomber, deutsche Minenkampfschiffe – Taiwan ist gut gerüstet.

In den letzten Jahren hat die taiwanesische Regierung ihren Militäretat ständig wachsen lassen, zur Freude der großen Waffenexporteure vor allem im Westen, allen voran die USA und Frankreich. Im vergangenen Oktober kündigte Taipeh eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets für 1996–97 um 20 Prozent auf 11 Milliarden US-Dollar an. Aus den USA sollen in diesem Jahr weitere hochmoderne Kampfflugzeuge eintreffen. Insgesamt hat Taiwan aus den USA 150 F-16-Kampfflieger bestellt und aus Frankreich 60 Mirage 2000-5 für fast 12 Milliarden US-Dollar – zahlbar bis zum Jahr 2001.

Das Teuerste ist der reichen Inselrepublik gerade gut genug – vorausgesetzt, sie bekommt die Waffen tatsächlich. Denn regelmäßig protestiert Peking scharf gegen solche Einkäufe und verhängt Sanktionen gegen die Lieferländer. Nachdem die USA 1979 diplomatische Beziehungen mit Peking aufnahmen, beendeten sie das gemeinsame US-taiwanesische Verteidigungsabkommen. Seit Ende der siebziger Jahre sollte Taiwan nur noch Waffen „defensiven Charakters“ aus den USA erhalten, kündigte die US-Regierung an.

Seitdem erreichte China die weitgehende internationale Isolation Taiwans. In der weiten Welt muß seitdem jedes Land, das Taiwans führende Politiker zum Besuch empfängt, mit einem diplomatischen Eklat und wirtschaftlichen Sanktionen rechnen. Und vor der eigenen Haustür droht China Taiwan mit der Okkupation.

Angesichts solcher Warnungen rüstet Taiwan auf – auch mit deutsch-amerikanischer Hilfe. In den USA haben Senatoren wie der Republikaner Frank Murkowski durchgesetzt, daß die US-Rüstungsindustrie Taiwan beliefern darf – trotz der Proteste aus Peking. Im kommenden Monat wird der amerikanische Kongreß voraussichtlich weitere Einschränkungen gegen Rüstungsexporte nach Taiwan aufheben. Dann könnte die amerikanische Ingalls- Werft in Mississippi vielleicht endlich gemeinsam mit der deutschen Werft HDW die U-Boote für Taiwan bauen. Für die deutsche Rüstungsindustrie bringt solche Kooperation mit den USA bei den Taiwan-Geschäften große Vorteile. Denn versteckt hinter dem breiten politischen Rücken der USA kann nun doch einiges exportiert werden, was in Deutschland mit Rücksicht auf hiesige Gesetze und auf die Beziehungen mit Peking nicht genehmigt werden würde.

Erste Erfahrungen mit solchen Umgehungsgeschäften über die USA haben deutsche Firmen dabei schon gemacht, mit Rückendeckung aus Bonn. Für 385 Millionen US-Dollar hat das taiwanesische Militär Patriot-Raketensysteme in den USA bestellt – die deutschen Firmen Dasa und Siemens sind wesentlich daran beteiligt. Und auch RAM-Abwehrraketen bekommt Taiwan aus den USA, die deutschen Firmen Diehl, AEG-Telefunken und wiederum Dasa liefern 50 Prozent der Technologie. Rainer Kahrs