Scientology: Helnwein färbt schön

Eine Ausstellung des Düsseldorfer Comic-Künstlers Gottfried Helnwein im Prenzlauer Berg sorgt für Wirbel. Der 47jährige wird von der dubiosen Scientology-Sekte umjubelt  ■ Von Frank Nordhausen

Es hängt seit kurzem auf U-Bahnhöfen und hat schon heftige Proteste hervorgerufen – das Bild eines gefesselten Kindes, dem ein Stahlrohr wie ein Phallus im Mund steckt. Die grausige Szene stammt von dem Düsseldorfer Schock- und Blutmaler Gottfried Helnwein und wirbt für das Theaterstück »A und K oder ein Brudermord wieder gut gemacht«, das am 11. Februar in der Kulturbrauerei (Prenzlauer Berg) uraufgeführt wird. Der 47jährige Helnwein hat das Bühnenbild gestaltet und präsentiert dort auch eine Ausstellung.

Am Donnerstag hatte die Kulturbrauerei mit Regisseur Gert Hof und dem exzentrischen Pop- Künstler geladen. Als der Maler mit Stirnband und Sonnenbrille auftauchte, nannte er seine schockierenden Bilder von gequälten Kindern eine „Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt und Mißbrauch“. Er wollte die Gewalt aber nicht ästhetisieren, sondern Widerstand dagegen mobilisieren. Als weiteren Beitrag zum Thema will er am Sonntag eine hundert Meter lange Bilderstraße mit dem Titel „Selektion“ im Hof der Kulturbrauerei aufstellen – eine Serie von überlebensgroßen Kindergesichtern, die an die Nazimorde erinnern soll und „der Reichskristallnacht gewidmet“ sei. Als er das bekanntgab, mußte er sich einige unangenehme Fragen anhören. Der evangelische Sektenbeauftragte Thomas Gandow wies darauf hin, daß die totalitäre Scientology-Organisation Helnwein noch vor kurzem als „Klasse-IV-Auditor“ und Werbeträger in ihren Broschüren aufführte – mit Foto und Zitat („Scientology ist der größte Durchbruch in der Geschichte des menschlichen Denkens“). Gandow: „Der Begriff Selektion wird heute nur noch von einer politisch- extremistischen Gruppe proklamiert, und das ist „Scientology“. Scientology rechne 20 Prozent aller Menschen zu den bloß „Humanoiden“ (menschenähnliche Wesen); in ihrem Programm propagiere sie offene Gewalt. Wie denn Helnweins Engagement für die „faschistoide Ideologie“ des Scientology-Gründers Hubbard zusammenpasse mit der geplanten Ausstellung gegen Gewalt und Faschismus?

Helnwein erklärte daraufhin, er gehöre keiner Sekte an und habe auch nie einer angehört: „Ich bin kein Mitglied von Scientology“. Er sei sogar gewalttätig gegen Scientology vorgegangen. Das jedoch, so sagte Gandow, sei nur eine „Schutzbehauptung“, die der Maler seit Jahren aufstelle und nie habe belegen können. Auf die Nachfrage, ob er sich nicht nur von der Organisation, sondern auch der Hubbard-Ideologie distanziere, wollte Helnwein dann auch nichts Konkretes sagen und erging sich in Beschimpfungen. Helnwein: „Ich muß nicht zu jedem Scheißdreck Stellung beziehen“.

Ist er nun, oder ist er nicht? Unter Hubbard-Jüngern gelten Helnweins Schockbilder jedenfalls als „das Beste, was die Gegenwart zu bieten hat“, wie der Scientologe Horst Mehler in seinem Buch „Selfmadeerben und Millionäre“ schreibt. Die Veranstalter in der Kulturbrauerei wollen nun mit einer kleinen Ausstellung über Scientology informieren. Die könnte leicht zur ständigen Einrichtung werden. Denn Helnwein plant inzwischen, seine Comicsammlung auf Dauer in der Kulturbrauerei auszustellen – gesponsert vom Land Berlin.