Dr. Romeiß-Stracke und die Sache mit den Kohorten

Frau Dr. Romeiß-Stracke, Freizeitforscherin und Professorin an der Fachhochschule München, ist ein wahrer Tausendsassa unter den führenden deutschen TourismustheoretikerInnen. Keine noch so taufrische Pirouette im Reise- und Freizeitgeschäft entgeht ihr, kein Zirkel touristischer Natur kommt ohne ihren wissenschaftliches Dazutun aus. Und wie keiner zweiten gelingt es ihr immer wieder, mit aufsehenerregenden Wortkreationen und überraschenden soziologischen Klassifizierungen der touristischen Debatte Sinn und Richtung zu geben.

Frau Dr. Romeiß-Strackes neuester (Ein-)Fall: Die „Kohortentheorie“ (lat. cohors: römischer Truppenverband) Mit dieser schießt die umtriebige Zeitgeistanwältin gegen die Programme der Reiseindustrie für die „aktiven Alten“. Dort geht nämlich die Annahme um, daß ein gewisses Kundenklientel im reiferen Alter vor Energie und Gesundheit nur so strotzt und deshalb gern geführte Reise unternimmt.

Wer wirklich im Alter noch aktiv sei, hält die helle Professorin dagegen, brauche keine organisierten Programme, sondern würde seine Reisen selber planen. Damit legt sie die Axt an die Wurzeln des Pauschaltourismus an.

Besser sei es, meint Romeiß- Stracke, die Senioren nach „Alterskohorten“ zu differenzieren. Damit meint sie die wechselseitige Beziehung von Alter und touristischem Verhalten.Zur „Kohorte 1“ zählt sie jene, die zwei Weltkriege erlebt haben. Diese wünschten sich Bildungs- und Kururlaub, nicht Strandferien. „Kohorte 2“ umfaßt die Gruppe, die Ende des Zweiten Weltkriegs etwa 20 Jahre alt war und für die Reisen zum Konsumgut wurde. Weil diese Menschen zumeist enttäuscht seien, wenn sie an die Stätten der Erinnerung zurückkehrten, wo sich alles verändert habe, buchten sie am liebsten Fernreisen.

Zur „Kohorte 3“ schließlich gehörten die um 1950 geborenen, die 1968 die Studentenrevolten erlebt hätten und mit Protest und Kritik aufgewachsen seien. Sie interessierten sich vor allem für Ökoreisen und wollten im Urlaub etwas Sinnvolles unternehmen.

Welche Kohorte ist für mich die Richtige?

Liebe Frau Dr. Romeiß-Stracke: Was mach' ich bloß, ich fühl'mich schrecklich kohortenlos! Ich bin Anfang 50 geboren (gehöre also vom Alter her in die APO-Kohorte 3), ich mache sowohl gern Bildungs- und Kururlaub (Kohorte 1, obwohl ich keinen der beiden Kriege erlebt habe) als auch gern Fernreisen (Kohorte 2, obwohl ich mich nicht unbedingt als Reisekonsumfetischist einstufen würde).

Verhelfen sie mir bitte zu einer Alterskohorte. Entwickeln Sie!

Günther Ermlich/faf