■ Vorlauf
: Ostelbische Junkerin

„Die Gräfin und Die Zeit “, Sonntag, 23 Uhr, N3

Am 21. Februar 1946 erschien nach Zulassung Nr. 6 durch die britische Militärregierung in Hamburg die erste Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit. Vor allem eine Frau prägte die Publizistik des Blattes: Marion Gräfin Dönhoff.

Uwe Zimmermann hat aus Anlaß des 50jährigen Geburtstages der Zeit ein Porträt der, wie er sagt, „ostelbischen Junkerin durch und durch“ gedreht. Eine Stunde lang können wir die Person kennenlernen, die für viele junge Journalistinnen der Nachkriegszeit das Vorbild abgab. Privat im vordergründigen Sinne wird der Autor nie. Zimmermann bekam die Zeit von der Gräfin nur deshalb geschenkt, weil er schon vor Jahren ein Porträt über Altkanzler Helmut Schmidt drehte, das die Ansprüche des Herausgeberkreises der Zeit befriedigte.

Der Film beginnt mit Mozarts Klarinettenquintett und zeigt in wunderschönen Sommeraufnahmen das Ostpreußen der Gräfin. Er läßt sie dort sprechen. Und bekommt mühsam heraus, daß die Liberale während des Nationalsozialismus durchaus mit zum Kreis des Widerstands um die Männer des 20. Juli gehörte. Ihr Name steht zwar in keinem Personalverzeichnis der Helden, die gegen Hitler arbeiteten, doch Gräfin Dönhoff, so der Autor, war die Personalchefin des Widerstands in Ostpreußen. Die 86jährige hatte zuvor abgelehnt, darüber zu sprechen: „Es war nur meine Pflicht“, sagt sie im Film. Zimmermann bringt so das Credo der Gräfin auf den Punkt: Tue, was getan werden muß – und sprich nicht drüber.

Der Film schafft es ganz ohne Pomp, ein Leben nachzuzeichnen, das sich der Disziplin unterwirft, allem Totalitären zu widerstehen. Heute sagt sie über die Bundesrepublik: „Ich bin sehr zufrieden mit diesem Staat. Es hat nie einen besseren gegeben.“ Zimmermann verkneift sich, die Gräfin mit dem geraden Rücken menschelnd zu porträtieren, beim Spiegeleibraten oder sonstigen banalen Dingen. Zwei Kamerablicke in ihr Hamburger Haus – das soll genügen.

Mit Bachs Cellosuite endet das sehr sehenswerte Porträt. Leider wird es nur auf N3 gezeigt. Bei der ARD fand sich kein Sendeplatz.Jan Feddersen