Die Grünen spielen wieder Kassandra

Der Bundestag billigt die Ausweitung der Tornado-Einsätze auf Ostslawonien. Die Bündnisgrünen stimmen gegen die Zustimmung zu deutscher Militärhilfe für die UN-Mission  ■ Aus Bonn Hans Monath

Der Verteidigungsminister fühlte sich verstanden: „Ich darf mich bedanken, daß allem Anschein nach der große Konsens gewahrt werden kann“, sagte Volker Rühe gestern zu Beginn der Bundestagsdebatte über die Ausweitung des Tornado-Einsatzgebietes auf Ostslawonien. Nur wenige SPD-Abgeordnete, die große Mehrheit der Grünen und die PDS-Gruppe verweigerten sich dann der großen Eintracht. Der Bundestag beschloß, im Notfall die UN-Truppen in der Region aus der Luft militärisch zu unterstützen.

Die Grünen, aus deren Reihen im Dezember 22 Abgeordnete für den Bosnieneinsatz (Ifor) gestimmt hatten, wurden in der Debatte hart attackiert. Aufgabe der Opposition sei es schließlich, „Kassandra zu spielen“, konterte Helmut Lippelt. Seine Fraktionskollegin Angelika Beer kritisierte die „Salamitaktik“ der Regierung und sprach von einem „Kampfauftrag“, für den es keine militärische Notwendigkeit gebe. Lippelt nannte zwar den Wunsch der UN- Truppen nach militärischer Absicherung ihrer Mission in Ostslawonien „mehr als verständlich“. Die friedliche Übergabe des serbisch besetzten Gebietes an Kroatien werde aber nicht innerhalb eines Jahres zu lösen sein, warnte er. Der Regierung warf er vor, sie lasse zu, daß die UN sich zu einem „Erfüllungsgehilfen der nationalen Forderungen Tudjmans“ mache. Sie habe es versäumt, im Sicherheitsrat Bedingungen an Kroatien durchzusetzen.

Rühe argumentierte, alle Versuche zur Stabilisierung Exjugoslawiens seien ohne einen Erfolg in Ostslawonien gefährdet. Die militärische Hauptaufgabe des UN- Kommandos in der Region bestehe in der Demilitarisierung der Konfliktparteien, die voraussichtlich 30 Tage dauern und im Mai oder Juni erledigt sein solle. Es gehe vor allem um Unterstützung in dieser „kritischen Phase“. Die UN-Truppen müßten die Gewißheit haben, aus der Luft unterstützt und geschützt zu werden.

Für die SPD nannte Karsten Voigt die UN-Aufgabe in Ostslawonien eine „präventive Verhinderung von Vertreibung und Völkermord“. Der Vorwurf der Militarisierung der Außenpolitik in diesem Zusammenhang sei abwegig. Es gehe um die Ausweitung längst aufgenommener Flüge und nicht um die Entsendung weiteren Militärs. Laut Voigt rechnet der Leiter der zivilen UN-Administration vor Ort nicht mit militärischen Auseinandersetzungen.

Wie die Grünen kritisierte Voigt, die Regierung habe noch zuwenig für die zivile Umsetzung des Friedensabkommens getan. Außenminister Klaus Kinkel (FDP) rechnete daraufhin penibel vor, wie viele Millionen für den Wideraufbau in der Region bislang bewilligt seien.

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