Keine Antwort auf brisante Fragen

■ Leukämie: Anti-AKW-Inis kritisieren nicht nur Umweltministerin Merkel

„Der Punkt ist, daß die Bundesumweltministerin hierher kommt und sich zu den brisantesten Fragen der Region nicht äußert“, sagt Marion Lewandowski, Mitglied der Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch und der „Eltern für unbelastete Nahrung“.

In Sachen Wahlkampf tourt CDU-Umwelt- und Atomministerin Angela Merkel heute durch Schleswig-Holstein. Ungeachtet verschiedener Aufforderungen seitens der Anti-Atom-Initiativen rings um das Atomkraftwerk Krümmel bei Geesthacht wird sie sich deren Fragen allerdings nicht stellen.

Eugen Prinz von der Bürgerinitiative kritisiert: „Ungeklärt sind die Ungereimtheiten“ über den Austritt von radioaktiver Strahlung Mitte der achtziger Jahre auf dem Maschinenhausdach des AKW Krümmel sowie das diesbezügliche Redeverbot, das die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis dem langjährigen obersten Reaktoraufsichtsbeamten Dr. Gustav Sauer erteilt hat. „Unvermittelbar“ seien der Bevölkerung weiterhin die personellen Verflechtungen zwischen Kraftwerksbetreibern und politisch Verantwortlichen: Der Kieler Energieminister Claus Möller ist Aufsichtsratmitglied bei der PreußenElektra. „Wer auf der Gehaltsliste der Atomwirtschaft steht, dem ist Befangenheit zu unterstellen“, spricht Prinz dem selbsternannten AKW-Gegner Möller die Glaubwürdigkeit ab. Weiterhin bemängelt er, daß die Kieler Landesregierung keine unabhängige Untersuchung des Krümmel-Reaktors nach Schadstellen zulasse.

Auf einen anderen Haken an der Atompolitik hatte am vergangenen Freitag der Marburger Nuklearmediziner Professor Horst Kuni in Itzehoe hingewiesen. Eingeladen von den „Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkriegs“ und dem „Bund für Umwelt- und Naturschutz“ (BUND) warnte Kuni aufs neue vor den Gefahren der Neutronenstrahlung bei Atomtransporten. Er berief sich auf seine im Sommer 1995 veröffentlichte Studie, wonach die Strahlung in unmittelbarer Umgebung der Castorbehälter, die für den Abtransport abgebrannter Brennelemente eingesetzt werden, höher ist als offiziell angegeben. „Besonders gefährdet ist das Transport- und Bewachungspersonal“, so Kuni. Die biologische Wirkung der Neutronenstrahlung auf den Organismus wird von der deutschen Strahlenschutzverordnung auf das zehnfache der Wirkung von Röntgenstrahlen veranschlagt. Kuni stimmt jedoch mit der Internationalen Strahlenschutzkommission darin überein, daß der Faktor mindestens zwanzig betragen müßte. Ulrike Winkelmann