Yippie-a-yeah! Der wilde Osten zoomt

■ Wenn "Amerika" im Sächsischen liegt, wird aus dem Western ein Fernsehspiel (19.25 Uhr, ZDF)

Die Kolonisierung des deutschen Ostens schildert der gemeine Fernsehfilmer am liebsten als Western. Dabei durchmessen die großen Eisenbahngesellschaften das weite Land längst nicht mehr. In der ländlichen Ödnis planieren Bagger und Raupen für Gewerbegebiete. Wo Ostidentität war, sollen Möbelhäuser werden.

Auch in Amerika ist das nicht anders, einem kleinen Dorf im Sächsischen. (Das Dorf heißt tatsächlich so, und der Kinogänger denkt geich an „Paris, Texas“). Die schöne Lilli aus dem Westen (Sophie von Kessel) hat eine heruntergekommene Gastsätte geerbt, die sie gemeinsam mit Onkel Otto (Hagen Mueller-Stahl) und Karla (Gudrun Okras) auf Vordermann bringen will.

Eine Geschichte, die im Amerika, Sachsen, spielt, ist natürlich kein Western, sondern eine Underdog-Komödie mit Westernzitaten, in der schrille Einheimische sich den westlerischen Großmannsphantasien zu widersetzen versuchen. Der Kinogeher denkt gleich an Detlef Bucks „Wir können auch anders“, wird, dermaßen humorgestimmt, aber eher enttäuscht. Der Bockwurstwitz als „running gag“ des Fernsehspiels von Debütant Roland Eichhorn schmeckt nach dem fünften Hineinbeißen fad. Dabei wird im „alten Krug“ sehr viel Liebe auf den Umgang mit Speisen verwandt.

Der Osten zoomt, könnte die Botschaft der Bilder lauten. Gero Steffen (Kamera) war meist nah dran am Teller, und wir wollen nicht unerwähnt lassen, daß Roland Eichhorn sein Handwerk als Werbefilmer erlernt hat. (Der Kinogänger denkt nun an den japanischen Film „Tampopo“, worin eine köstliche Nudelsuppe die Hauptrolle spielte.) „Amerika“ ist aber trotz einiger exquisiter Zutaten – hervorragend Gudrun Okras und Hagen Mueller-Stahl – nicht geschmacks-, das heißt: genresicher. Schöne Bilder fügen sich nicht zwangsläufig zum Film. Die Liebesgeschichte zwischen Rudi und Lilli scheint einem Pilcher- Drama entsprungen, während Wirtschaftskrimi, Märchen und Komödie sich gegenseitig hemmen.

Die Geschichte kommt also nicht recht in Gang, aber was macht das schon, wo alle so nett zueinander sind? Selbst der schüchterne Banker läßt sich rasch von Lillis Reizen betören, und auch der Dorfpolizist kann ihren Tränen nicht widerstehen. Eine Lektion in politisch korrektem Umgang mit Ausländern erteilt der Film anhand des stummen vietnamesischen Kochs Thien. Zur Erheiterung aller findet er schließlich zur Sprache zurück wie einst der Indianer in „Einer flog über das Kuckucksnest“. Der Kinogänger notiert das milde. Milde gelangweilt. Harry Nutt