Berlins Tafelsilber im Winterschlußverkauf

■ Heute Beratungen über neue Vorschläge zum Bewag-Verkauf im Senat. Verschenkt Berlin 75 Millionen Mark? Brandenburg will bei Verkauf mitreden

Der Senat berät heute über den geplanten Verkauf von Bewag- Anteilen an die Landesbank Berlin. Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) will ihre Vorlage für den Verkauf von 25,7 Prozent der Aktien vorstellen. Doch vor einer Entscheidung über den Verkauf wird wohl noch einige Zeit vergehen. Denn das Umweltressort hat angekündigt, eine Entscheidung über den Verkauf werde auf der heutigen Sitzung noch nicht fallen. Auch mit dem Verkaufspreis und einer möglichen Beteiligung von Brandenburg an dem Geschäft muß sich der Senat auseinandersetzen.

Fugmann-Heesing hatte die Verkaufspläne von ihrem Amtsvorgänger Elmar Pieroth (CDU) übernommen, der mit den erhofften knapp 1,2 Milliarden Mark aus dem Verkauf einen Teil des Haushaltsloches stopfen wollte. Nach Informationen der bündnisgrünen Fraktion hätte aber ein ursprünglich von Pieroth geplanter schneller Verkauf dem Land Berlin „einige hundert Millionen Mark“ Mindereinnahmen beschert: Denn vor dem Hintergrund steigender Gewinnerwartungen und der Meldungen über den bevorstehenden Aktienverkauf stieg der Kurs der Bewag-Aktie nach Angaben der Börsenzeitung erst zum Jahresende 1995 dramatisch an.

Trotzdem verzichte Berlin nach den ursprünglichen Planungen immer noch auf eine ordentliche Gewinnspanne, monieren die Grünen. „Nach unseren Informationen ist der Verkaufspreis der Aktie auf 400 Mark, den Stand vom 15. November 1995, festgelegt worden“, meinte der umweltpolitische Sprecher der bündnisgrünen Fraktion, Hartwig Berger. Am letzten Freitag notierte die Bewag- Aktie aber bei 425,50 Mark. Bei einem geplanten Verkauf von 3 Millionen Anteilen würde Berlin daher Einnahmen von gut 75 Millionen Mark verschenken.

Eine Stellungnahme zu den Verkaufsplänen war von Umwelt- und Energiesenator Peter Strieder (SPD), gestern nicht zu erhalten. Erst wolle man die Vorlage der Finanzsenatorin abwarten, hieß es. Allerdings sei klar, daß heute keine Entscheidung fallen werde. Auch das Abgeordnetenhaus soll auf seiner nächsten Sitzung am 29. Februar mit dem Thema noch nicht befaßt werden.

Unklar ist auch immer noch, ob Brandenburg bei den Verkaufsplänen nicht noch ein Wörtchen mitzureden hat. Denn über die Verwendung des gemeinsamen Vermögens von Berlin-Brandenburg sollen die beiden Länder laut Fusionsvertrag gemeinsam bestimmen. Dabei ist entscheidend, ob die Bewag als Vermögensteil zur Erledigung von Aufgaben der Kommune oder des Landes angesehen wird. Einerseits ist sie ein kommunales Stadtwerk, über das ausschließlich die Stadt Berlin verfügen könnte. Andererseits ist die Bewag als größtes Stadtwerk ein Unternehmen zwischen Stadtwerk und (landeseigenem) Stromkonzern, an dem Potsdam durchaus ein Mitspracherecht hätte. Zwar tritt der Fusionsvertrag frühestens nach einer erfolgreichen Volksabstimmung in Kraft, doch im Potsdamer Finanzministerium würde man zur irreversiblen Entscheidung über das zukünftige gemeinsame Tafelsilber nach Aussagen des Ministeriumssprechers Klaus Feiler gern wenigstens konsultiert. Das allerdings ist bisher nicht geschehen. Bernhard Pötter