■ Italiens Politiker gehen wieder ihrem Lieblingsspiel nach
: Cosi fan tutte

Daß Italien unregierbar ist, sei wohl eine Art Naturgesetz, hat Fiat-Chef Gianni Agnelli schon vor Jahrzehnten festgestellt. „Aber das macht nichts“, hat er hinzugefügt, „es läuft auch so alles ganz gut.“ Italiens Politiker sind wieder mal dabei, das Bonmot in seiner ganzen Herrlichkeit zu bestätigen. Vor mehr als sechs Wochen ist die Regierung unter Dini zurückgetreten, doch noch ist weit und breit nicht einmal ein mickriges Silberstreifchen am Horizont zu sehen. Tagtäglich statt dessen Wechselbäder: Abschluß der Verhandlungen unter dem designierten Ministerpräsidenten Antonio Maccanico schon morgen, nein, doch erst nächste Woche, aber wie denn, vielleicht schon heute. Difficile satiram non scribere, sagten schon die alten Römer, schwer, etwas anderes darüber zu schreiben als eine Satire.

Das Land hat mit die höchste Arbeitslosigkeit in Europa – über dreizehn Prozent –, die Wirtschaft lahmt unglaublich, die Außenhandelsbilanz ist nach einer kurzen Erholung wieder negativ, die Inflationsrate steigt. Doch die Politiker kreisen wieder mal um sich selbst, schmieden ihre Intrigen und suchen lediglich nach den besten Startlöchern für Neuwahlen, die mit Ausnahme der Neofaschisten und der Neokommunisten niemand will, die sie aber mit ihrem wankelmütigen Verhalten Tag für Tag mehr heraufbeschwören.

Natürlich kümmern sich auch in anderen Ländern die Regierenden oft herzlich wenig um die Interessen des Volkes. Doch sie glauben dort wenigstens, daß eine total vom Volk losgelöste Politik dieses zum Aufmucken veranlaßt, und so tun sie das Allernötigste, um zumindest die Basisnöte der Menschen zu managen. In Italien wird nicht einmal auf diesem Niveau regiert.

Daß sich die Politiker das erlauben können, hängt freilich auch vom „Souverän“ selbst ab. Im Grunde, so hat man den Eindruck, ist es der großen Mehrheit der Italiener eigentlich gar nicht so unrecht, wenn die Regierungsbildung jeden Tag neue Überraschungen bringt – man betrachtet sie mit sportlichem, nicht politischem Interesse. Solange es keine Regierung gibt, so die Faustregel, wird sie sich auch nicht in die Angelegenheiten der Bürger einmischen. Und das ist, betrachtet man die vielen Schweinereien, die faschistische wie demokratsiche Herrscher in diesem Jahrhundert über die Italiener gebracht haben, nicht einmal so ganz und gar unverständlich. Werner Raith, Rom