Senat spart an der falschen Stelle

■ DIW: Sparpotential bei Hauptverwaltung, nicht in Bezirken

Berlin schröpft die falschen Teile der Verwaltung: die Bezirke. Die größten Einsparpotentiale liegen auf der Senatsebene, nicht in den Stadtteilen. Das meint das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ebenso wie die seit kurzem in den Bezirken aktiven Betriebswirte der öffentlichen Verwaltung.

„Aus meiner Sicht ist in der Hauptverwaltung viel mehr Luft drin als bei den Bezirken“, sagte die Controllerin des Bezirks Wilmersdorf, Eike Schnödt. Nach der Vorgabe der neuen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) sollen die Bezirke 1996 zusätzlich eine Milliarde Mark einsparen.

Es sei falsch, bei jenen Behörden zu sparen, die unmittelbar im Dienst für den Bürger stehen, meinte Eike Schnödt. Jeder Bezirk beschäftigt neuerdings zwei Controller, das sind betriebswirtschaftliche Steuerleute, die im Zuge der Verwaltungsreform das kommunale Leistungsangebot effizienter und bürgernäher gestalten sollen.

Es sei eine Binsenweisheit der Betriebswirtschaft, so Eike Schnödt, daß die Einsparpotentiale nicht dort lägen, wo der Beamte den Wohnberechtigungsschein ausgibt oder wo die Sachbearbeiterin einen Sozialhilfeantrag aufnimmt. Betriebswirtschaftlich gesehen ergäben sich die größten Sparmöglichkeiten vor allem in denSenatsverwaltungen mit ihren rechts- und fachaufsichtlichen Abteilungen.

Untersuchungen des DIW bestätigen die ungleiche Sparpolitik zwischen Bezirken und Senat. Die Wirtschaftsforscher haben herausgefunden, daß die Zahl der öffentlich Beschäftigten bei Bezirken und wissenschaftlichen Einrichtungen seit 1992 stark abgenommen hat: 15.000 Stellen wurden dort gestrichen. Die Senatsverwaltungen haben hingegen personell noch zugelegt. Über 3.000 Personalstellen sind von 92 bis 94 hinzugekommen.

Beispiel Landesschulamt: Während wochenlang in vielen Klassen Vertretungslehrer fehlten, stellte die zentralisierte Schulbürokratie in Lichtenberg ein Schock Sachbearbeiter in ihrer Rechtsabteilung ein.

„Zum Stellenabbau kam es nicht dort“, so Dieter Vesper vom DIW, „wo dringlicher Kürzungsbedarf besteht“, sprich bei den Senatsverwaltungen. Gekürzt worden sei dort, wo der Staat „unmittelbar Serviceleistungen für den Bürger erbringt“: in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Bildung, Wissenschaft und Kultur. Christian Füller