Gemischte Gefühle

■ Betriebsräte meckern, Arbeitgeber jubeln: Der Rentenkompromiß ist umstritten

Das Frühverrentungsmodell von Arbeitsminister Norbert Blüm löste „Hektik“ (Opel AG) in den Betrieben aus. Der Gesamtbetriebsrat der Volkswagen AG betonte, er „verurteile das Modell völlig“. Es sei eine „Milchmädchenrechnung“, mit der die Regierung die Rentenkassen zu entlasten hoffe. Durch das Modell würden die finanziellen Belastungen lediglich auf die Arbeitslosenversicherung abgewälzt. Die Aufhebung des „klassischen“ Vorruhestands bedeute die Aufhebung des sozialverträglichen Generationenvertrages.

„Wir hätten die Frühpensionierung, so wie sie jetzt ist, lieber erhalten“, erklärte Michael Langenstein, Pressesprecher der Schering AG, „wir sehen gleichwohl die Notwendigkeit für einen Kompromiß, um das Loch in der Rentenkasse zu stopfen.“ Mit der alten Regelung hätte man junge Menschen besser vor Arbeitslosigkeit schützen können, so Langenstein.

Heribert Späth, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), übte deutliche Kritik am Frührentenkompromiß. Die geplante Kombination von Altersteilzeit und Altersrente sei im Grundsatz zwar richtig, die vereinbarten Vertrauensschutzregelungen würden jedoch zu einer inakzeptablen Belastungen der Solidarkassen führen.

Erfreute Töne waren von Unternehmerseite zu vernehmen. Dietmar Stamm, Pressesprecher der Thyssen-Stahl AG in Duisburg, wertete den Kompromiß als positiv. „Wir sind vor allem erleichtert, daß der Vertrauensschutz für Vorruheständler vereinbart wurde.“

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände sieht in dem Beschluß zur Frühverrentung „einen sachgerechten und zukunftsorientierten Beitrag zur Bewältigung der Finanzierungsprobleme in der Sozialversicherung. Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann hob hervor, die Einigung werde in der Rentenversicherung Milliarden einsparen. Dadurch könne ein weiterer Anstieg der Lohnnebenkosten verhindert werden. Silke Stuck