Gleichzeitig Salz und Pfeffer

■ Lesley Rankine von Ruby über ihre Großmutter, Menschenhaß und Blues

Lesley Rankine ist richtig angepisst. Warum? Darüber will sie nach dem ersten Deutschland-Auftritt ihrer nach der Großmutter benannten Band Ruby nicht sprechen. Dabei sollte die schwarzhaarige Sängerin eigentlich ein Medien-Profi sein, ist sie doch als Sängerin der britischen Noise-Band Silverfish seit mindestens 8 Jahren im Geschäft. Doch es geht ihr nicht darum, zu funktionieren und so beschimpft sie ratlose taz-Journalisten und andere. „Ich hasse diese ständigen Vergleiche mit PJ Harvey, einer von tausend Blues-Sängerinnen. Im übrigen bin ich schon viel länger dabei als sie“, heißt es dann ungehalten in kehligem Schottisch. Oder: „Ich rede nicht gerne über meine Texte. Sie sind so dunkel und obskur, weil sie so sein sollen.“ Immer wieder wird eine Panzerung gegen fremde Zuschreibungen aufgebaut, als ob sie so ihre eige musikalische Produktion schützen wolle.

Dabei gäbe es bei Ruby eine Menge zu klären. Denn mit Salt Peter hat Lesley Rankine zusammen mit dem Computertüftler Mark Walk ausgerechnet in Seattle einen Sampler aufgenommen, der die gegenwärtige Verwirrung im Indie-Lager widerspiegelt und gleichzeitig seine langsame Kontaktaufnahme mit computerisierter Musik fortschreibt. Wie ein raffinierter Genre-Mix aus TripHop und PJ Harvey, eben nach Salz und Pfeffer gleichzeitig, schmeckt ihr Debut und versammelt so unterschiedliche Zielgruppen am Tisch.

Das leidend oder wütend singende weibliche Sprachrohr wird dabei über ein Rad aus repetitiven Beats gespannt, wie man es von Portishead oder Tricky kennt. Doch, anders als bei den lautmalenden Texten von Portishead obsiegt hier im Zweifelsfall die Innerlichkeit und der Haß. Das liegt vor allem an den Texten, die, bei allen Verunklarungen, eine recht deutliche Sprache sprechen. Die Single-Auskopplung „Paraffin“ etwa beschreibt eingangs den Arsch eines alten Mannes, „breit wie 50 Köpfe“, den eine weibliche Figur einschmiert, die dann selbst nach dem Schmiermittel riecht. „Es geht in dem Stück um sexuelle Flüssigkeiten, um sexuelle Beziehungen und deren Verbindung zu Macht. Aber genauer erklären kann ich diesen Text nicht, denn zwischen manchen Zeilen liegt eine Zeitspanne von drei Monaten.“

Lesley Rankine tut gerne so, als ob sie darüber das Gefühl für die Bedeutung ihrer eigenen Sprache verloren hat. So sollen sich über ihre Texte traditionelle Vorstellungen von Weiblichkeit, Melodie, Schönheit und Sinnlichkeit vermitteln, ohne die kulturelle Herstellung von Geschlecht mitzudenken. Vielleicht sagen ja ihre Installationen, auf dem Cover unter dem Überbegriff „Revenge: a dish best served cold“ zusammengefaßt, mehr über ihre Begriffsbildung aus, die sich assoziativ gegen festgefahrene Bedeutungen wendet?

Für die Brandrede gegen die Großstadt, die abgebrannt gehört, hat sie jedenfalls mit Michael Gira von den Swans einen geistesverwandten Ko-Autor gefunden. „Ich hasse das Dreckloch London“, sagt Lesley Rankine und will nur noch weg. Das liegt auch daran, daß sie einfach keine Menschen mag. Kann man ja nachvollziehen.

Volker Marquardt

Fr, 16. Februar, 21 Uhr, Schöne Aussichten