Das Portrait
: Schrecken der Tories

■ Richard Scott

Er sei der „liberalste Richter, den man überhaupt finden konnte“, sagte Bernard Ingham, der frühere Pressesprecher Margaret Thatchers, über Richard Scott. Ingham meinte das als schlimme Beleidigung.

Auf den Spuren der britischen Waffendeals: Richter Richard Scott Karikatur: Nicola Jennings, Guardian

Der frühere Außenminister Geoffrey Howe betont schon seit einem Jahr, daß er den Richter für einen Deppen hält. Und auch andere ehrenwerte Mitglieder des britischen Establishment haben stets hervorgehoben, daß Scott „anders ist als wir“: Er wurde im Ausland geboren, und zwei seiner Kinder seien zum Islam konvertiert. „Ich bin Teil des Establishments“, sagt Scott dagegen, „es gibt gar keinen Richter, der nicht Teil des Establishments ist.“

Der Grund für die Kampagne gegen ihn liegt in seinem Job: Mehr als drei Jahre lang hat er die schmutzigen Waffengeschäfte der britischen Regierung mit der irakischen Führung unter Saddam Hussein genauso untersucht wie die anschließenden Versuche, die ganze Affaire im im Parlament zu vertuschen: „Irakgate“. Heute legt Scott sein Untersuchungsergebnis auf 1.800 Seiten vor, und die Regierung hält kollektiv den Atem an. Premierminister John Major wird sich künftig wohl jeden Abend selbst dafür kasteien, daß er den falschen Mann für den Job ernannt hat: Schließlich wollte man die Geschichte unter den Teppich kehren.

Doch da spielte der „Ausländer“ nicht mit. Scott wurde 1934 als Sohn englischer Eltern in Indien geboren, wuchs in Südafrika auf und studierte Jura an der Universität Cambridge. Im Alter von 23 Jahren nahm er eine Stelle als Dozent an der Universität von Chicago an, um der Wehrpflicht in Großbritannien zu entgehen. In dieser Zeit begegnete er Rima Ripoll, einer Lehrerin und Flamencotänzerin aus New York, die er 1959 in Panama heiratete.

Eigentlich sollte er Bergbauingenieur werden und sich um die südafrikanischen Goldvorkommen kümmern, wenn es nach seinem Vater gegangen wäre. Doch Scott machte statt dessen in Großbritannien eine juristische Karriere. „Etwas anderes hatte ich ja nicht gelernt“, sagt er. Zu seinen Hobbys zählen Radfahren und die Fuchsjagd. Er steht keiner der politischen Parteien besonders nahe.

Nach seiner bangen Tory- Herzens erwarteten Pressekonferenz heute nachmittag wird Scott sich auf schnellstem Weg zum Flughafen begeben und mit seiner Frau für eine Woche in den Urlaub fliegen. Vielleicht fliegen ja auch ein paar Kabinettsmitglieder. Ralf Sotscheck