„Auf Biegen und Brechen durchgeführt“

■ Krawalle an der HWP / AStA distanziert sich etwas / Neues Ordnungsrecht diskutiert

Professorin Sonja Bischoff hatte „den Studenten etwas bieten“ wollen und lud Hans-Olaf Henkel zu Vortrag und Diskussion an die Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP). Von Protesten des AStA gegen den HWP-Absolventen Henkel, der es inzwischen zum Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) gebracht hat, will sie nur aus Flugblättern erfahren haben. Daß der Gast Anlaß für Krawalle sein könnte, damit habe sie nicht gerechnet.

Genau die fanden aber statt am Mittwoch abend. Etwa 25 DemonstrantInnen stürmten den Hörsaal, in dem Henkel seinen Vortrag zum Thema „Strategien für Europa“ halten wollte, zwei Personen wurden dabei verletzt. Schon vor Henkels Auftritt habe es, so VertreterInnen des AStA, in dem überfüllten Raum eine „aggressive Diskussion in aufgeheizter Stimmung“ gegeben.

Als Henkel in Begleitung von HWP-Präsident Lothar Zechlin eintrat, ging das Licht aus und die “Randalierer“ stürmten den Saal. Als sie versuchten, das Podium zu besetzen, wurden ein Professor leicht und ein Student schwerer verletzt. Er wurde vorübergehend ins Krankenhaus eingeliefert. Der BDI-Präsident zog sich unter dem Schutz seiner Bodyguards zurück und blieb unbehelligt.

Der AStA der HWP kritisierte gestern in einer Pressemitteilung „die Naivität der Hochschulleitung, unter den gegebenen Bedingungen den Besuch auf Biegen und Brechen durchzuführen.“

Bei HWP-internen Auseinandersetzungen um die geplante Einladung Henkels war es bereits zum Streit zwischen Studentenvertretung und Hochschulsenat gekommen. Denn für den AStA ist die Einladung Henkels Bestandteil der „Profildiskussion in der HWP im Zusammenhang mit der Umstrukturierung und Wirtschaftsorientierung.“

„Absurdes Zeug“, so HWP-Präsident Zechlin. „Die HWP fragt sich nach ihren eigenen Zielen, die Identitätsdiskussion steht in keinem Zusammenhang mit der Einladung Henkels.“ Außerdem, so Zechlin „wollte die überwiegende Mehrheit der Studierenden die Diskussion, und auch Henkel wollte diskutieren“.

Der AStA distanzierte sich zwar gestern von den Gewalttätigkeiten, eine Vertreterin äußerte jedoch gegenüber der taz: „Zechlin wußte über die aggressive Stimmung Bescheid, Henkel ist selbst schuld.“ Die Polizei ermittelt jetzt wegen Körperverletzung. Es gibt aber laut Pressesprecher Werner Jantosch „noch keine Hinweise auf die Täter“. Die HWP-Leitung will Strafantrag stellen.

Auf einer Sondersitzung des Hochschulsenats wurde gestern über ein Ordnungsrecht diskutiert, das Exmatrikulationen vorsieht. Die Studierenden befürchten deshalb „für die Zukunft Einschränkungen durch die Hochschulleitung“. Heute wollen Hochschulleitung, Studierende und ProfessorInnen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zu den Krawallen Stellung nehmen. Andreas Albert