Vier Jahre Tag für Tag gekämpft

■ Mit seiner Rücktrittsankündigung verbindet St. Pauli-Manager Jürgen Wähling massive Kritik an Trainer Uli Maslo / Verein will heute „intern“ über Vorwürfe beraten Von Folke Havekost

Kapitän Heinz Weisener versuchte, die Wogen mit präsidialen Bedauerungsformeln zu glätten: „Der FC St. Pauli ist enttäuscht, daß Jürgen Wähling den Verein verlassen wird. Aber wir respektieren die Entscheidung“, kommentierte der Papa die Ankündigung von Manager Jürgen Wähling, den Verein zum Saisonende zu verlassen. Dennoch wird dieser Rücktritt von lauten Mißtönen begleitet.

„Ich habe vier Jahre lang jeden Tag kämpfen müssen. Der Akku ist leer“, erklärte sich Wähling zum Opfer vereinsinterner Querelen. Sein Rücktritt ist der vorläufige Höhepunkt der anderthalbjährigen Auseinandersetzung mit Trainer Uli Maslo. Wähling bezeichnet Vorfälle während des im Januar abgehaltenen Trainingslagers als Auslöser für seinen Schritt.

Der 55jährige fand zwar harsche, aber wenig konkrete Worte: „Ich kann mich nicht mehr mit dem FC St. Pauli identifizieren, wenn man im spanischen Trainingslager entwürdigt wird“, beschwerte er sich über das Verhalten des Trainers im andalusischen Chiclana.

Maslo, der bereits vor einem halben Jahr mit der Bemerkung, er sei stolz, Deutscher zu sein, für Unruhe sorgte, soll sich dort nach den Worten eines Mitarbeiters der Organisationsfirma wie ein „Herrenmensch“ aufgeführt haben. Wähling: „Das Hotel-Personal und die Reisebetreuer taten mir leid.“ Präziser führte Wähling seine Kritik jedoch öffentlich nicht aus.

Ähnlich weitschweifig wie seine Andeutungen stellte sich auch der Tätigkeitsbereich Wählings dar. Beim FC St. Pauli fungierte er als Männchen für alles, bis hin zur Steuerberatung einzelner Spieler. Doch als im letzten Sommer der Aufstieg in die Bundesliga gelang, wurde Wählings Beitrag dazu kaum gewürdigt. Das mag den verträglichen, aber auch um ein Mindestmaß an Distanz bedachten Wähling getroffen haben.

Zumal dem Werker im Hintergrund, der sich in den Medien nicht so recht inszenieren mochte, noch Ämterhäufung vorgeworfen wurde – Wähling mußte seinen Posten als Trainer der Amateurmannschaft, die er in die Regionalliga geführt hatte, räumen. Er blieb Manager und im Kompetenzgerangel mit Maslo – bedingt durch eine unklare Trennung der Aufgabenbereiche und seiner „Doppelfunktion“, in der sich der ehemalige Trainer (mehrfacher dänischer Meister, Bundesliga-Aufstieg mit Hannover 96) auch fürs Sportliche zuständig fühlte. Selbst ein kürzlich von Weisener vorgelegtes Arbeitspapier, das die Kompetenzen Wählings und Maslos abstecken sollte, beseitigte den Ärger nicht.

Die Bilanz spricht nicht gegen den Manager: Während Wähling Talente wie Jens Scharping ans Millerntor holte, blieben die auf Maslos Drängen erworbenen Neuzugänge Paul Caligiuri und Hysen Zmijani bisher blaß. Der „vorwurfsvolle“ Rücktritt Wählings könnte auch Maslo, dessen Vertrag gerade um ein Jahr verlängert wurde, in Schwierigkeiten bringen.

Heute soll den Vorwürfen gegen den Coach vereinsintern nachgegangen werden. Die Verantwortlichen äußern sich bedeckt, was die Kritik am Trainer betrifft. „Gedanken darüber, was wäre, wenn die Vorwürfe zuträfen, hießen, das Pferd von der falschen Seite aufzuzäumen“, ist Vizepräsident Christian Hinzpeter vorsichtig. Weisener (“Wir können einen erfolgreichen Trainer nicht entlassen.“) hält sich und Wähling derweil ein Hintertürchen offen. Als „persönlichen Berater“, so der Präsident, würde er Wähling gerne behalten.

Das Spiel FC St. Pauli – SC Freiburg (morgen, 15.30 Uhr) fällt höchstwahrscheinlich aus. Als Ersatztermin ist der nächste Dienstag (im Volksparkstadion) vorgesehen.