Kaffee, Kuchen und die graue Theorie

■ Wirtschaftsbehörde backt Reformtörtchen, und der Senator plaudert fröhlich

Mag sein, daß sich Erhard Rit- tershaus im Nachhinein lieber die Zunge abgebissen hätte. Aber der Wirtschaftssenator hat den Satz nun einmal gesagt. Öffentlich: „Verglichen mit anderen Metropolen ist Hamburg verkehrstechnisch eine Oase.“ Anders gesagt: Das ganze Gejammer der Hamburger Wirtschaft über die angeblich zu autofeindliche Verkehrspolitik in der Hansestadt, jeweils verbunden mit heftigen Abwanderungsdrohungen, entbehrt jeder Grundlage. Zugespitzt könnte man es auch so ausdrücken: Große Verkehrsprojekte wie die vierte Elbtunnelröhre müssen angesichts knapper öffentlicher Kassen nicht unbedingt mit erster Priorität verfolgt werden.

Aber um dieses Thema ging es dem Senator gestern gar nicht, was seine erfreuliche Offenheit ein wenig erklärt. Der von der Statt Partei ins Amt gehievte Ex-Manager hatte bei Kaffee und Kuchen ganz anderes im Sinn. Vorstellung einer kleinen behördeninternen Revolution. So sieht er's jedenfalls gern und so sieht es auch der smarte Jungdynamiker an Rittershaus' Seite.

Doktor Burkhard Schwenker, Unternehmensberater vom renommierten Institut Roland Berger hat einen Zettel mitgebracht. „Organisationvorschlag für die Neuausrichtung der Wirtschaftsbehörde“ steht da drauf. Darunter ein Organigramm. Vom Senator bis zum Amt für Maschinenbau im Amt für Strom- und Hafenbau, alles sauber eingekästelt und mit Linien verbunden. Ergebnis mehrmonatiger Planungen, Beratungen, Diskussionen, Preis 240.000 Mark.

Erläuterung im branchenüblichen Jargon wird mitgeliefert: „Leitbild“ erst formulieren, dann konkretisiern, den Apparat etwas „schlanker“ machen, „Hierarchie straffen“, „Effizienz“ darf auch nicht fehlen. Nach seinem Wissen einmalig für eine Landesbehörde dieser Versuch, sich „eine gemeinsame Philosophie“ zu geben, die Behördenstruktur unter unternehmerischen Gesichtspunkten durchzuchecken. Die Betriebsräte am Ende des Konferenztisches wiegen zweifelnd den Kopf. War da nicht ein fieses Grinsen?

Roland Bergers „Grobvorschlag“ sieht folgendes vor; Statt in fünf soll sich die Behörde künftig nur noch in vier Ämter aufgliedern, auch die Zahl der Abteilungen und Unterabteilungen soll reduziert werden, um die Behörde zum „effektiven Dienstleistungszentrum“ für Wirtschaft und Bürger zu machen. Und natürlich auch: um die im Sparplan der Hansestadt vorgeschriebenen 250 bis 300 Planstellen abbauen zu können.

Zu diesem Zweck hatte Roland Berger zunächst auch die Privatisierung einiger kleiner Behördenteile – Hamburg-Werbung, Luftsicherung – vorgeschlagen, und war damit am Widerstand des Personalrats gescheitert. Der setzte statt dessen Bestandssicherung durch. „Keine betriebsbedingten Kündigungen, kein Kompetenzverlust für die Behörde,“ sicherte Rittershaus zu.

Nicht nur deswegen: Zufriedenes Kuchenessen bei den Betriebsräten. Deren Einschätzung der Roland-Berger-Vorschläge: „Graue Theorie, interessant wird's bei der Umsetzung.

uex