Die Moor-Autobahn liegt in weiter Ferne

■ Hamburg: Kein Engagement für Stade-Anbindung / NABU fordert Verkehrskonzept Von Fritz Gleiß

Wagen wir eine Prognose: Die A 26, die Stade an Hamburg anbinden soll, wird zu Lebzeiten der taz nicht mehr gebaut. Wie gemeldet, muß das Planfeststellungsverfahren für den ersten Streckenabschnitt Stade-Horneburg wiederholt werden. Die Bezirksregierung Lüneburg nimmt zudem an, daß kein neuer Beschluß erfolgen wird, bevor nicht auch in Hamburg die Planung des Anschlusses an die A 7 durch Francop vorankommt. Damit aber ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Denn Hamburg hat – so sehen es fast alle Insider außer den großen Baufirmen – an der A 26 schlicht kein Interesse.

Warum soll sich die Stadt, die jedem Klein- und Gunstgewerbler hinterherläuft, einen verkehrsgünstigen Anschluß an eine Region wünschen, die ihr nichts als Konkurrenz beschert? Laut sagen darf das natürlich niemand. Auch nicht, daß man es leid ist, sich wie vor kurzem von Bauunternehmern in bester Kapitalistenmanier vor versammelter Nordseekonferenz der Ministerpräsidenten vorführen zu lassen. Und mag auch Niedersachsen noch so oft unflätig damit drohen, Hamburgs Hafenschlick zurückzuschicken: „In Sachen A 26 rührt sich Hamburg erst, wenn die Planungen die Stadtgrenze erreichen“, sagt ein Beteiligter. Bis dahin müssen UmweltschützerInnen Bausenator Eugen Wagner andernorts ärgern. Die vierte Elbtunnelröhre und die Hafenquerspange stehen auf dessen Wunschzettel viel weiter oben.

Der Anlaß für den Stop des Planungsprozesses weist auf weitergehende Hemmnisse: Aus Kostengründen dürfen künftig größere Rampen für Überführungen bei Bundesbau-Vorhaben nicht mehr aufgeschüttet werden. Statt dessen sollen die Rampen mit Styroporblöcken unterfüttert werden. Gestern wurde bekannt, daß dem Bund zur Verwirklichung großer Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan riesige Summen fehlen. Das Verkehrsministerium bezifferte die Deckungslücke auf 17,6 Milliarden Mark. Selbst vordringliche Maßnahmen seien daher zu „strecken“, insbesondere in den alten Ländern.

KritikerInnen des Autobahnbaus, wie die Arbeitsgemeinschaft Umweltplanung Niederelbe (AUN), sehen sich in ihren Mahnungen bestätigt. Die AUN befürchtet gravierende Umweltzerstörungen und begrüßt das Scheitern der Planung genauso wie die Grünen im Stader Kreistag und der Naturschutzbund (NABU). Die Taktik, zuerst einen Teilabschnitt zu bauen, um dann die anderen Abschnitte als „Sachzwang“ folgen zu lassen, sei vorerst gescheitert. Der NABU fordert den Hamburger Senat nun auf, zusammen mit den Landkreisen endlich ein Verkehrskonzept für den Süderelberaum zu entwickeln, das zu einer deutlichen Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs führt und die „Moorautobahn“ überflüssig macht.