Nachgefragt
: „Soviel gestaunt“

■ SPD-Fraktionschef Christian Weber Koalitionsausschuss

taz: Sind Sie mit den Ergebnissen des Koalitionsausschusses zufrieden?

Christian Weber: Nein, natürlich nicht. Aber ich werde es der Fraktion vortragen. Und ich denke, dann wird es laufen.

Und wenn es nicht läuft?

Wir wollen doch jetzt keine Koalitionskrise und keinen Rücktritt haben. Das geht doch nicht. Es muß ja weitergehen, gerade in der jetzigen Krise des Vulkan.

In Hemelingen soll der Tunnel nun 200 Millionen Mark billiger werden, weil er nicht mehr unter der Erde, sondern als offener Trog gebaut wird. Wenn diese Lösung wirklich so viel billiger wäre, warum ist sie dann vorher nie ernsthaft in Erwägung gezogen worden?

Beim Trogbau muß ja alles, was oben draufsteht, weg. Das sind sieben Häuser, so hat es Bausenator Schulte vorgetragen. Einige Bäume müssen weg, und es ist natürlich vor allem eine nicht unerhebliche Belästigung für die Menschen während der Bauzeit, also für zwei bis drei Jahre. Aber so viele wohnen da ja nicht.

Sie wollten aber etwas anderes?

Ich hatte ja immer noch gehofft, wir hätten uns auf den Ausbau der Osterholzer Heerstraße einigen können, weil das für 100 Millionen sehr gut möglich gewesen wäre. Aber diese Variante hat Dr. Schulte abgelehnt, und die Koalitionäre sind ihm gefolgt.

Das ist die Kröte, die Sie geschluckt haben?

Ja.

Kennen Sie eine seriöse Berechnung, aus der hervorgeht, daß die vom Koalitionsausschuß beschlossene Variante wirklich nur 300 Millionen kostet?

Nein. So eine Berechnung gibt es nicht. Aber alle sagen, daß ein Schildvortrieb teurer wäre. Und der Tunnel wird jetzt auch nicht mehr so breit – nur noch zweispurig mit der Möglichkeite, eine knappe dritte Spur hinzukriegen. Aber das muß jetzt neu kalkuliert werden.

Was heißt das für den möglichen Baubeginn?

Bausenator Schulte sagt, das wird eine maximale Verzögerung von einem halben Jahr bedeuten.

Der Koalitionsbeschluß könnte aber auch die eleganteste Art sein, das Thema Hemelinger Tunnel für die laufende Legislaturperiode mal wieder zu beerdigen. Da wird wieder neu losgeplant, und am Ende passiert überhaupt nichts.

Dr. Schulte hat auf Nachfrage versichert, daß dies nicht der Fall ist, daß noch in dieser Legislaturperiode mit dem Bau begonnen wird.

Sie zitieren immer nur den Bausenator. Haben Sie dazu auch eine eigene Meinung?

Ich kann mich ja nur auf das stützen, was der Bausenator sagt. Meine Variante war eine andere.

Sie wissen nicht, ob Sie glauben sollen, was Schulte sagt?

Ich nehme das hin, was er sagt.

Staunend?

Ich habe in den letzten 14 Stunden soviel gestaunt...

Fragen: Dirk Asendorpf