Müllmangel gefährdet Sanierung von Deponien

■ Immer weniger Siedlungsabfall landet auf Brandenburger Deponien. Das alte Sanierungskonzept gerät aus den Fugen

Weniger Müll macht den Berliner Stadtreinigungs-Betrieben (BSR) zu schaffen: Der Rückgang bei den Siedlungsabfällen wirft die Sanierungspläne der BSR und der Märkischen Entsorgungsanlagen- Betriebsgesellschaft (MEAB) für die Deponien Schöneiche, Vorketzin und Deetz über den Haufen. Noch 1995 waren rund 700.000 Tonnen auf den beiden für Restmüll ausgewiesenen MEAB-Deponien Schöneiche und Vorketzin von Berlin aus abgekippt worden. In diesem Jahr wird mit 500.000 Tonnen gerechnet. Im Jahr 2005 werden für diese Deponien „weniger als 100.000, wahrscheinlich nur noch 60.000 Tonnen Siedlungsabfall im Jahr“, prognostiziert, so BSR-Vorstandsmitglied Helmut Paschlau gegenüber der taz.

Hintergrund ist die Bestimmung der bundesweit geltenden „Technischen Anleitung Siedlungsabfall“, wonach zu diesem Zeitpunkt nur noch vorbehandelter und somit biologisch „toter“ Abfall (mit einem sogenannten Glühwert von unter fünf Prozent) gelagert werden darf.

Offenbar müssen BSR und MEAB nun allzu optimistische Prognosen ausbaden, die die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg beim Erwerb der MEAB im Herbst 1993 zugrunde legten. Als die Gesellschaft damals für eine symbolische Mark von der Treuhand gekauft wurde, waren die weitreichenden Bestimmungen der TA Siedlungsabfall, die am 14. Mai 1993 in Bonn verabschiedet wurden, hinlänglich bekannt.

Ein Rätsel ist nun der BSR- Chefetage, wie die für die Sanierung der drei Deponien Schöneiche, Vorketzin und Deetz (Bauschutt) veranschlagte Summe von 1,2 bis 3 Milliarden Mark zusammengebracht werden soll. Die hierfür vorgesehenen Einnahmen bei den Schüttgebühren, die die BSR an die MEAB zahlt, sinken parallell zur rückgängigen Abfallmenge. Sollte es zu keiner Änderung kommen, droht spätestens im Jahr 2005 eine Kostenexplosion. Nach Berechnungen der BSR würde sich die Schüttgebühr von derzeit 135 Mark pro Tonne und Woche „verzehnfachen“. Für die privaten Haushalte würde sich der Preis verdreifachen: Jeder Berliner müßte dann statt jetzt zehn Mark im Monat dreißig Mark für die Entsorgung des Hausmülls hinblättern.

Auswege erhoffen sich BSR und MEAB von einem Gutachten, das voraussichtlich im Mai präsentiert wird. Untersucht werde darin unter anderem, wie die „ökologischen Anforderungen“ an die Sanierung der Deponien „kostengünstiger“ ausfallen könnten, so Paschlau. Auch „Synergieeffekte“, etwa durch Zusammenlegung der MEAB und der BSR zu einer einzigen Betreibergesellschaft, würden geprüft. Severin Weiland