Regierung und Opposition in Bangladesch siegreich

■ Extrem niedrige Wahlbeteiligung, dafür hohe Gewinne für herrschende Partei

Dhaka (taz) – Die Bangladesh Nationalist Party (BNP) hat die Parlamentswahlen mit überwältigender Mehrheit gewonnen: Nur ein einziges Mandat ging – nach Auszählung der Stimmen für gut die Hälfte der Sitze – nicht an die Regierungspartei.

Keine der 41 anderen Parteien gewann einen Sitz – was wenig überraschen kann, handelt es sich doch um neuformierte Gruppen, von denen die Wähler noch nie gehört hatten. Zu den am Donnerstag errungenen Sitzen müssen noch 30 Mandate gezählt werden, die für Frauen reserviert sind und vermutlich alle an die Regierungspartei gehen werden. Die Oppositionsparteien, die im letzten Parlament über 150 Sitze von insgesamt 330 innehielten, hatten die Wahl boykottiert, zum Generalstreik aufgerufen und die Wahlberechtigten aufgefordert, zu Hause zu bleiben.

Ob die Wahl ruhig oder von Gewalt geprägt war, darüber gehen die Ansichten in der bangladeschischen Presse auseinander: Regierungseigene Zeitungen sprachen gestern von einer „friedlichen Wahl“; in den Oppositionsblättern machten die zahlreichen Zwischenfälle Schlagzeilen, bei denen elf Menschen umkamen und 165 verletzt wurden. In rund tausend von 21.000 Wahlbüros konnten die Stimmberechtigten ihre Zettel nicht ausfüllen, weil sie mit Gewalt daran gehindert wurden. In Rangpur im Norden wurden Wahllokale gestürmt, in Dhaka entkleideten Studentinnen einen Kommilitonen, als er abstimmen wollte. In mehreren Fällen sollen jugendliche Anhänger der regierenden BNP in Wahlbüros eingedrungen sein und die Urnen mit falschen Stimmzetteln gefüllt haben.

Besonders auf dem Land, wo der Aufruf zum Generalstreik weniger befolgt wurde, kam es jedoch kaum zu Zwischenfällen. Auch auch in Dhaka gab es nur vereinzelt Behinderungen, zweifellos auch aufgrund des massiven Polizeiaufgebots. Wie hoch die Wahlbeteiligung aber war, darüber wollte sich die Regierung zunächst nicht äußern. Offenbar gingen nur sehr wenige Leute zur Abstimmung. Selbst in Regierungspartei- treuen Wahlkreisen, wo keinerlei Einschüchterung der Opposition spürbar war, betrug die Beteiliung kaum fünfzehn Prozent. In manche Wahllokale der Hauptstadt verirrten sich bis zur Mittagszeit nur ein bis zwei Personen.

Das hindert keine der beiden Seiten, von einem großartigen Sieg zu sprechen: Der Regierungssprecher bedankte sich beim Volk für das Glanzresultat. Oppositionsführerin Sheikh Hasina bedankte sich beim Volk für das überwältigende Verdikt. Die Regierungspartei BNP sah einen Sieg der Verfassung und Demokratie. Sheikh Hasina forderte den Staatspräsidenten auf, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen, da Premierministerin Khaleda Zia die Berechtigung zur Regierungsbildung verloren habe.

Die Regierungspartei von Sheikh Khaleda Zia weist auf die massiven Sitzgewinne hin – und spricht lieber nicht davon, daß es keine glaubwürdige Opposition gab. Die größte der boykottierenden Parteien, die Awami Liga, reklamiert die behaupteten 95 Prozent Nichtwähler kurzerhand für sich – ohne zu sagen, daß viele aus Angst nicht wählten. Beobachter sehen baldige Neuwahlen voraus. Die kostspielige Übung diente offenbar nur der Vorbereitung einer ebenso teuren Wiederholung. Bernard Imhasly