Schulstreit in südafrikanischem Dorf entschieden

■ Südafrikas Oberster Gerichtshof gibt der Klage von schwarzen Eltern recht: Eine bisher weiße Schule muß Schwarze aufnehmen. Notfalls sorgt die Polizei dafür

Johannesburg (taz) – 22 schwarze Kinder haben ab Montag das Vergnügen, eine weiße Eliteschule in einem Provinznest im Norden Südafrikas besuchen zu dürfen. Der Oberste Gerichtshof in Pretoria gab gestern der Klage von schwarzen Eltern recht, deren Kinder bisher von der Schule in Potgietersrus abgelehnt worden waren, obwohl Rassentrennung heute verboten ist. Die renitente Schule wurde angewiesen, die Schüler sofort aufzunehmen und für deren Sicherheit zu sorgen.

Der Fall birgt alle Konfliktpotentiale des „neuen Südafrika“ in sich. Seinen Ausgang nahm er vor mehr als vier Wochen mit dem Beginn des neuen Schuljahrs in Südafrika. Nach Jahren im Exil war Alson Matukane, gelernter Ingenieur, nach Südafrika zurückgekehrt. Er fand Arbeit im Wasserministerium, das ihn in das weiße Farmernest schickte. Matukane meldete seine drei Kinder in der örtlichen Grundschule an – einer burischen Eliteschule, an der noch nie schwarze Kinder unterrichtet wurden. Schwarze gingen sonst in den Townships außerhalb der Stadt zur Schule. Dort sind die Schulen meist miserabel.

Der burische Direktor gewährte den schwarzen Kinder die Aufnahme. Doch dann versammelten sich 200 Weiße, angetan mit den Khaki-Uniformen der rechtsextremen Afrikaaner-Weerstandsbeweging (AWB) vor der Schule und verwehrten den Kindern den Zutritt. Die schwarzen Eltern wurden mit anonymen Anrufen und Morddrohungen terrorisiert und zogen schließlich in ein Hotel. Die 13.000 Weißen von Potgietersrus standen plötzlich im Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit.

Alle Sanktionsdrohungen seitens der ANC-geführten Provinzregiung gegen die Schule fruchteten nichts: Die Schule ist halbstaatlich, alle wichtigen Entscheidungen müssen von einem Elternbeirat mitgetragen werden, und der sah den Untergang der Welt bevorstehen. Nach bester burischer Tradition berief man sich auf Gott, der Rassenmischung verbiete. Moderatere weiße Eltern verfielen auf die Erklärung, die schwarzen Kinder sprächen kein Afrikaans – übersahen dabei aber, daß auf der Schule auch in englisch unterrichtet wird.

Die schwarzen Eltern entschieden sich gemeinsam mit der Provinzregierung für den Rechtsweg. Jetzt ist ein Präzedenzfall geschaffen, und die Kinder müssen aufgenommen werden. 19 weitere Schwarze sind bereits angemeldet. Der Premierminister der Provinz, Ngoako Ramathlodi (ANC), sicherte notfalls Polizeischutz zu und erklärte, er erwäge weitere Sicherheitsmaßnahmen, wie etwa die Überwachung der Klassenzimmer. Kordula Doerfler