Vulkan-Konkurs heißt Werftbesetzung

■ Neue Spekulationen über Teil-Verkauf des Verbundes / Heute Beratungstermin in Brüssel

Der neueste Fahrplan für die Vulkan-Krise: Heute verhandelt die Bundesregierung noch einmal in Brüssel mit der Europäischen Kommission über die Möglichkeit, dem angeschlagenen Konzern mit staatlichen Subventionen beizustehen. Danach, wahrscheinlich am Dienstag, will Konzernchef Udo Wagner seine bereits am Freitag unter Aussetzung des Aktienhandels angekündigte „wichtige Mitteilung“ abgeben. Lautet die „Konkurs“, dann wollen die 2.300 Beschäftigten der Vegesacker Vulkan-Werft sofort die Werkstore schließen, um Zulieferer und Gläubiger daran zu hindern, Maschinen oder Material abzutransportieren. „Das wird eine Besetzung; wir werden versuchen, unsere Schiffe so gut wie möglich weiterzubauen“, kündigte der Vegesacker Betriebsratsvorsitzende Hasso Kulla gestern an (vgl. Seite 6 und „Nachgefragt“ auf Seite 22).

Gestern hatten ein Interview mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Vulkan-Verbunds, Hero Brahms, in der Welt am Sonntag und eine Vorabmeldung des Wirtschaftsmagazins Capital den Verdacht erhärtet, daß der neue Vorstandsvorsitzende Udo Wagner mit dem Ende des Konzerns rechnet. Zumindest für einen Teil der 15 Vulkan-Firmen könnte das auch den Konkurs bedeuten, für andere den Verkauf an andere Großunternehmen oder die Übernahme in Auffanggesellschaften der Länder.

Zwar kündigte Brahms an, der Vorstand werde sein Zukunftskonzept für den Vulkan-Verbund erst im März vorlegen, doch gleichzeitig meldet „Capital“, Wagner wolle einen Teil der Verbundunternehmen verkaufen. Für STN-Atlas-Elektronik interessierten sich demnach der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin, Diehl, Blohm&Voss/HDW und Kraus Maffei. Das Rostocker Dieselmotorenwerk könne an MAN gehen. Die Weser-Werften Schichau Seebeck, Lloyd und Vulkan sollen den Vorstellungen zufolge mit der Chantiers de l'Atlantique einen Vertriebsverbund gründen und später den französischen Werftkonzern in das Kapital aufnehmen. Aus Bremer Senatskreisen wird diese Liste jedoch für reine Spekulation gehalten.

Auf harte Zeiten will der Vulkan-Aufsichtsratsvorsitzende Hero Brahms offenbar die Vulkan-Belegschaft einstimmen. Die „einzige Chance“ des Vulkan-Verbundes sei nur noch „ein glaubwürdiger Neuanfang mit radikalen Einschnitten“, sagte Brahms in dem gestern veröffentlichten Interview. Bereits zum Jahresanfang habe der Vulkan-Verbund mit „etwa 1,4 Milliarden Mark“ bei den Banken in der Kreide gestanden, der in der Bilanz für 1995 auszuweisende Verlust werde zur Zeit noch errechnet, sicher sei aber bereits: „Er ist hoch.“

Der frühere Wirtschaftssenator und Bürgerschaftsabgeordnete der AfB, Werner Lenz, verbreitete bereits gestern, was er von der angekündigten Erklärung der Vulkan-Spitze erwartet: „Die Katastrophe ist da.“ Jetzt müsse sich das Land Bremen durch Aktienkäufe eine Sperrminorität sichern. Ase