Adlershof: modern, radikal und teuer

■ Für die Wissenschaftsstadt Adlershof liegen jetzt Architekturkonzepte auf dem Tisch, die mit dem visionären High-Tech-Anspruch Ernst machen. Nur Albert Speers schnittiges S-Bahnhof-Projekt stockt

Wer über Innovationen nur redet, realisiert noch lange keine. Mit fünf Architekturprojekten für die geplante High-Tech-Stadt in Johannisthal-Adlershof will die Aufbaugesellschaft Berlin Adlershof (Baag) jetzt das Gegenteil beweisen: Konzepte sind festgeklopft, Pläne liegen auf dem Tisch, und Genehmigungen sind beantragt. Daß es einmal Zukunftsbauten mit erstklassiger Nutzung sein werden, das festzustellen wäre es noch zu früh. Doch es fällt auf, daß sich die Ergebnisse der Bauwettbewerbe für die Gebäude der Humboldt- Universität und den Bereich der Wissenschaftsstadt (Wista) an dem „innovativen technisch-wissenschaftlichen Leitbild“ orientieren, das die Macher von Adlerhof immer wieder propagierten.

Für das neue Umwelttechnikzentrum südlich der Rudower Chaussee haben die Architekten Eisele, Fritz und Bott (Darmstadt) ein Häuserband für die Laboratorien, Büros und Produktionsstätten vorgesehen, das sich in die Landschaft einfügt. Geschlossenen Baukörpern folgen gläserne Fassaden, „energetische“ Glashallen wechseln mit „offenen“ Räumen. Im Zentrum des modernistischen Entwurfs liegen grüne Höfe und Baumalleen, die den Ökobauten den Rahmen geben. Weit radikaler als die langen Bauten für Umwelttechnik sollen einmal die Institute für Optik und Lasertechnik werden. Während die fünf Blöcke der Architekten Ortner und Ortner (Berlin) auf dem westlichen Gelände der Wissenschaftsstadt ganz kühl und eckig wohl die klassische Hallenarchitektur fortschreiben, kontern die Nachbarbauten von Sauerbruch/Hutton (Berlin, London) mit einer amöbenhaften „organischen“ Gestalt.

Die Architekten, die derzeit das schmale Hochhaus der GSW an der Kochstraße hochziehen, entwickeln für das Photonikzentrum zwei geschwungene Bauten für Büros und Forschungseinrichtungen, die wie lustige Raumschiffe im Wista-Park gelandet sind: bunt, mit runden, weichen Konturen und so ganz und gar nicht trocken- wissenschaftlich. Die Nutzungen „Optik“ und „Laser“ werden dergestalt symbolisiert, daß die Gebäude mit farbig-transparenten Außenwänden als „Glaskörper“ erscheinen.

„Neue Moderne“ lautet auch das Thema der beiden Blöcke für das Internationale Begegnungszentrum der Wissenschaft, das die Berliner Architekten Bartels und Schmidt-Ott entworfen haben. Sie sehen für Konferenzen und Tagungen zwei vierstöckige quadratische Häuser vor, die mit glatten weißen Fassaden und großen Fensterfronten an das Bauhaus – die Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Techik – erinnern. Für die Millionenprojekte soll zum Teil noch 1996 Grundsteinlegung sein.

Auf der Stelle dagegen tritt noch immer das erste Zukunfts- Bauvorhaben: der neue schnittige S-Bahnhof von Albert Speer (Frankfurt). Hier wird seit Jahren mit der Bahn AG über Innovation geredet – aber nichts realisiert. Rolf Lautenschläger