Das Portrait
: Ein guter Kapitalist

■ Lamar Alexander

Drei Eigenschaften zeichnen Lamar Alexander aus: Er hat von allen Bewerbern um die Nominierung als US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner den auffälligsten Vornamen; er wird wie weiland Karl Carstens von einer unstillbaren Wanderlust getrieben; und er ist der einzige, der ein Kleidungsstück als Wahlprogramm präsentiert. Alexanders Fußmärsche durch Wahlkampfgebiete sind ebenso zu seinem Markenzeichen geworden wie sein schwarz-rot-kariertes Flanellhemd. Der 55jährige Ex-Gouverneur des US-Bundesstaates Tennessee möchte Nähe zum Volk und Distanz zu Washington signalisieren – zumindest bis er ins Weiße Haus einzieht.

Lamar Alexander, Möchtegern-US-Präsident Foto: AP

Die Aussichten dafür sind gestiegen, seit er bei den Vorwahlen im Staat Iowa hinter dem Favoriten Robert Dole und dem Rechtspopulisten Pat Buchanan einen dritten Platz belegte.

Alexanders Optimismus beruht auf dem Kalkül, daß Dole als ungeliebter Favorit zur Hauptzielscheibe von Angriffen der verschiedenen Parteifraktionen und der Gegenkandidaten wird. Vor allem die Attacken des erzreaktionären Pat Buchanan sowie Zweifel an den Siegeschancen des 72jährigen Dole gegen den 49jährigen Bill Clinton, könnten Alexanders Chancen verbessern.

Politisch gebärdet sich Alexander als Chamäleon. Christliche Fundamentalisten hofiert er als „Lebensschützer“, moderaten Republikanern verspricht er, das Thema Abtreibung nicht zur Priorität seiner Politik zu machen. Im Chor mit den Antiföderalisten fordert Alexander die Abschaffung des Erziehungsministeriums. Seine Amtszeit als Erziehungsminister unter George Bush bezeichnet er heute als Phase, in der er sich „gegen Washington geimpft“ habe. Ganz oben auf seinem Wahlkampfprogramm steht die Ankündigung, die Gehälter für Kongreßabgeordnete zu kürzen und ihre Pensionen abzuschaffen. Daß er selbst in seiner Amtszeit als Gouverneur sein Privatvermögen dank verbesserter „Kontakte“ mit der Privatwirtschaft von 150.000 US-Dollar auf drei Millionen Dollar aufstockte, führt Alexander auf sein Talent als „guter Kapitalist“ zurück.

Mit kleinen Summen tut sich Alexander schwerer. Als er bei einer Wahlveranstaltung nach dem Preis für eine Gallone Milch und zwölf Eiern gefragt wurde, mußte er passen. In Hörweite von Journalisten raunzte er einen Wahlkampfhelfer an, die Informationen aus dem nächsten Supermarkt zu besorgen. Andrea Böhm