Mini-Dayton ohne greifbares Ergebnis

Der kroatische Präsident will in der Mostar-Frage nicht einlenken und statt dessen den Schiedsspruch neu verhandeln. Sein bosnischer Amtskollege sieht dafür keine Veranlassung  ■ Aus Rom Andreas Zumach

Auch nach dem „Mini-Dayton“-Gipfel von Rom ist das Bosnien-Abkommen weiterhin erheblich gefährdet. Die zweitägigen Gespräche zwischen den Präsidenten Bosniens, Kroatiens und Serbiens sowie Vertretern der EU, der USA, Rußlands und der Ifor erbrachten kaum Fortschritte zur Überwindung der in den letzten Wochen massiv aufgetretenen Schwierigkeiten.

Das zeichnete sich bereits vor einer für den späten Sonntagnachmittag angesetzten Abschlußpressekonferenz ab. Als „größtes Problem“ erwies sich nach Darstellung westlicher Diplomaten Franjo Tudjman. In einer mehrstündigen gemeinsamen Sitzung und in einer Reihe von Einzelgesprächen hatten US-Chefunterhändler Richard Holbrooke und seine Kollegen der vier anderen politischen Garantiemächte des Dayton-Abkommens (Rußland, Frankreich, Großbritannien und der USA) am Samstag vergeblich versucht, den kroatischen Präsidenten zum Einlenken in der Mostar-Frage zu bewegen.

Tudjman weigerte sich weiterhin, die Kroaten in der westherzegowinischen Stadt zur Annahme des Schiedsspruchs von EU-Administrator Hans Koschnick zur Aufteilung der Stadt in Verwaltungsbezirke zu bewegen. Gestern morgen wurden Koschnick sowie die Bürgermeister des kroatischen und des muslimischen Teils Mostars nach Rom geflogen. Diplomaten der Kontaktgruppe erklärten zwar, es bleibe bei der „uneingeschränkten Unterstützung“ der EU für den Schiedsspruch Koschnicks. Zugleich wiederholten sie allerdings den Hinweis von Bundesaußenminister Klaus Kinkel, die EU habe „nichts dagegen einzuwenden“, wenn sich „Kroaten und Muslime über eine Veränderung des Koschnick-Plans verständigen“.

Während Tudjman dies als Aufforderung zu Neuverhandlungen interpretierte, die er noch am frühen Sonntagmorgen mit Bosniens Präsident Alija Izetbegović aufnehmen wollte, sah dieser zu Verhandlungen keinen Anlaß.

Auch Serbiens Präsident Slobodan Milošević zeigte in Rom keine Bereitschaft, das Dayton-Abkommen in den bislang von seiner Regierung verletzten Bestimmungen zu erfüllen und entsprechenden Einfluß auf die bosnischen Serben auszuüben. Während eines zweieinhalbstündigen Gesprächs mit Izetbegović, das ein bosnischer Diplomat gegenüber der taz als „ein einziges Desaster“ beschrieb, wies Milošević erneut die Forderung zurück, die bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić und Ratko Mladić aus dem Verkehr zu ziehen.

Izetbegović begründete diese Forderung damit, solange Karadžić und Mladić die Politik der bosnischen Serben bestimmten, gebe es keine Chance für freie und faire Wahlen. Auch sei keine Beruhigung unter den serbischen Bewohnern der fünf Vorstädte Sarajevos zu erreichen. Diese sollen laut Dayton-Abkommen zum 19. März unter Verwaltung der muslimisch-kroatischen Föderation gestellt werden. Milošević verweigerte gegenüber Izetbegović auch erneut die Anerkennung Bosniens durch Belgrad, ursprünglich einmal Vorbedingung der fünf Garantiemächte des Dayton-Abkommens für die Aufhebung der UNO-Wirtschaftssanktionen gegen Serbien und Montenegro.

Ifor durchsucht serbisches Waffenlager

Sarajevo (dpa) – Unterdessen haben sich Ifor-Truppen am Wochenende in Bosnien gegen die Serben durchgesetzt und ein Waffenlager der Bosnisch-Serbischen Armee (BSA) nahe dem Kommandobunker ihres Armeeführers General Ratko Mladić durchsucht. Wie der Ifor-Sprecher Oberst Mark Ryner gestern in Sarajevo sagte, hatten die Serben den amerikanischen Ifor-Truppen zunächst den Zugang zu den Waffenlagern bei Han Pijesak und Han Kram verwehrt. Danach wurde den Serben von der Ifor „ein Ultimatum“ gestellt. Dann habe die Inspektion erfolgreich durchgeführt werden können, sagte Ryner.

Bei der Ifor-Inspektion wurden dreizehn Schützenpanzer, fünfundzwanzig Kampfpanzer, vier Boden-Luft-Raketen und eine Reihe von Luftabwehrsystemen registriert. Die Waffen befanden sich außerhalb der Truppenentflechtungszonen, die Ifor hat jedoch das Recht, in ganz Bosnien Waffenlager zu inspizieren.