■ Die IRA beendet mit Bombe Nr. 3 die Waffenruhe ganz
: Noch einmal 25 Jahre Krieg?

Einen neuen Waffenstillstand zu bekommen wird „wirklich sehr, sehr schwierig“. So lautete die Analyse von Martin McGuinness, zweiter Mann der IRA- nahen Sinn Féin hinter Gerry Adams und deren Verhandlungsführer mit der britischen Regierung, nachdem in London die erste Bombe der IRA nach über 17 Monaten Ruhe hochgegangen war. Falsch: Es hätte „unmöglich“ heißen müssen. Das ist seit gestern klar, nachdem die IRA den dritten Sprengsatz in zehn Tagen gelegt hat.

Auch wenn die Forderung der Regierung Major nach einer neuen Waffenruhe vor weiteren Verhandlungen für das irisch-republikanische Lager insgesamt inakzeptabel war, hat die IRA oder jene Fraktion, die wieder auf die Macht des Sprengstoffs setzt, damit alle Versuche zunichte gemacht, den fast 18monatigen Friedensprozeß doch noch zu retten. Der genoß weiter breite Unterstützung: Ende letzter Woche sprachen sich bei einer Umfrage in England zwei Drittel für weitere Gespräche mit Sinn Féin aus. Auch deren Parteichef Gerry Adams hatte wenige Stunden vor dem Anschlag dem britischen Premier noch „die Hand zur Freundschaft“ angeboten.

Die IRA stellte mit ihrer neuen Bombe zwei Dinge klar: Sie hat sich vom Friedensprozeß auf absehbare Zeit verabschiedet, und Adams ist nicht mehr ihr Mann. Die Leute, vor die er sich immer gestellt hat, wenn er ihre Anschläge bedauerte, aber nicht verurteilte, haben seine Friedensangebote lächerlich gemacht und ihn als Gesprächspartner diskreditiert. Das ist, wenn nicht die formale, so doch die faktische Spaltung des nationalistischen Lagers.

Albert Reynolds, irischer Ex-Premier und Mitinitiator des Friedens, meint, daß es nun „ein oder zwei Generationen“ dauern kann, bis sich im hermetisch abgeschlossenen Untergrund wieder Leute finden, die den Mut haben, mit der Logik des Krieges zu brechen – wie die neue IRA-Generation um Adams und McGuinness nach dem vorletzten gescheiterten Waffenstillstand in den siebziger Jahren. Und das ist notwendig. Auch wenn sich die IRA jetzt selbst im eigenen Lager weiter isoliert hat, ist ein Frieden in Nordirland ohne sie auch künftig nicht möglich.

Hoffentlich muß Nordirlands Bevölkerung, die den kurzen Frieden offensichtlich genossen hat, nicht noch einmal 25 Jahre Krieg überstehen, bis es soweit ist. Die letzten 25 Jahre forderten immerhin über 3.000 Menschenleben. Thomas Ruttig