Castor rast Richtung Ungarn

■ Transport mit Brennelementen für das AKW Paks geht ohne größere Behinderungen auf die Reise

Berlin (taz) – Beschützt von einem Großaufgebot an Sicherheitskräften, ist gestern ein Castor mit 235 gebrauchten Brennelementen quer durch Ostdeutschland gerollt. Gegen 3 Uhr früh verließ der Zug das stillgelegte Atomkraftwerk Greifswald in Mecklenburg- Vorpommern. Heute soll der Transport im ungarischen Paks eintreffen, wo ein baugleiches AKW der russischen Baureihe WWER steht. Mehrere Blockaden wurden von Polizei und Bundesgrenzschutz noch vor Eintreffen des Zuges geräumt. Um Berlin machte der Transport einen Bogen; er rollte über Angermünde, Frankfurt (Oder) und Cottbus nach Sachsen.

Die Zustände in Dresden erinnerten an den Oktober 1989. Wie damals, als die Züge mit den Botschaftsflüchtlingen aus Prag durchrauschten, waren der Hauptbahnhof und die Bahnlinie nach Tschechien von Sicherheitskräften abgeriegelt. Zwei Hubschrauber überwachten die Szenerie, als der Atomexpreß kurz nach 12 Uhr mittags den Bahnhof passierte. Etwa hundert Demonstrierende empfingen den Zug mit einem Pfeifkonzert.

Brandenburgs Umweltminister Matthias Platzeck (SPD) nannte die Uranlieferung nach Ungarn „moralisch und inhaltlich nicht in Ordnung“. Die Sprecherin des sächsischen Umweltministeriums, Brigitte Manitz, konnte hingegen an dem Transport nichts Schlimmes finden. „Wir halten es für sinnvoll, daß die teilabgebrannten Brennelemente nach Ungarn gehen, um dort ganz abgebrannt zu werden“, sagte sie der Nachrichtenagentur AP. Ungarn hätte die Brennstäbe sonst eben in Rußland gekauft. Sicherheitsbedenken gegen den Transport bestünden nicht, weil der Castor sich seit Jahren bewährt habe. Und der ungarische Reaktor, wo das Uran abgebrannt werden soll, sei erst kürzlich mit modernster Überwachungstechnik von Siemens ausgerüstet worden. alf Seite 7