Loch in der Theaterkasse

■ Verspätete Zahlungen der Stadt lassen die Schulden des Bremer Theaters auf eine Zinslast von 20.000 Mark anwachsen

Durch die verspätete Zahlung der Subventionen hat die Stadt das Bremer Theater in eine lebensbedrohliche Situation getrieben. Erst auf Drängen des Theater-Geschäftsführers Rolf Rempe überwies die Behörde jetzt den überfälligen Monatsbetrag von 2,5 Millionen Mark für Februar. Das Theaterreferat der Behörde bestätigte den Vorgang gestern auf Anfrage der taz. Zusätzlich habe man eine „Liquiditätshilfe“ in Höhe von 1,5 Millionen Mark angewiesen – eine Notoperation: Die Bank sieht auf dem Konto des Theaters inzwischen so rote Zahlen, daß sie nicht mehr kreditbereit ist und verbindliche Sicherheiten verlangt. Denn die Behörde hat bereits zum dritten Mal nicht fristgerecht gezahlt, und das bedeutet für das Theater einen Zinsanfall von derzeit 20.000 Mark – „was für eine schöne Inszenierung könnte man dafür machen“, so Intendant Klaus Pierwoß.

Ob es sich beim Verhalten der Behörde um eine Klimaverbesserung oder gar Einsicht handelt, darüber will Rempe nicht spekulieren. Fakt ist: Selbst der Bewilligungsbescheid über die Subventionen sieht auf einmal ganz anders aus. Bisher erhielt das Theater diese Bewilligungsbescheide einschließlich der vereinbarten Abschlagszahlungen so, wie es der Aufsichtsrat beschlossen hat und der Vertrag mit Klaus Pierwoß vorsieht. Nun ist ein Haken eingebaut, der Rolf Rempe die kaufmännischen und Klaus Pierwoß die künstlerischen Hände bindet: „vorbehaltlich des Bürgerschaftsbeschlusses“, steht da zu lesen. Die Bürgerschaft als Souverän der Finanzentscheidungen aber tagt erst im Juni. Eine vollends schizophrene Situation: Klaus Pierwoß möchte und muß künstlerische Planungen vornehmen und Rolf Rempe muß ihn daran hindern, denn „der ordentliche Kaufmann muß in die Planungen die Risiken mithineinnehmen“ (Rempe). Damit wird das Theater auch gezwungen, nur noch in Jahresabständen zu planen und entsprechende Abschlüsse vorzulegen – ein Verfahren, das der vertraglich zugesagten Planungsmöglichkeit über fünf Jahre widerspricht.

Es gibt einen formalen Weg, dieses zu umgehen: Klaus Pierwoß kann die Aufsichtsratsvorsitzende des Bremer Theaters bitten, gegen das Votum des Verwaltungsdirektors Entscheidungen treffen zu dürfen. Er müßte nun also Bringfriede Kahrs (die freilich auch der Kulturbehörde vorsteht) fragen, ob er Geld gegen den Rat seines Verwaltungsdirektors ausgeben dürfe.

Das ist schon fast komisch, wenn's nicht so traurig wäre. Praktisch hieße das zum Beispiel, daß ein guter Regisseur für die „Meistersinger“ (geplant als Saisonauftakt) verpflichtet wird – und daß der dann vor einer Besetzungs- und Ausstattungssituation steht, die ihm seine Inszenierung überhaupt nicht mehr erlaubt, die ihn oder sie vom Vertrag wegen Voraussetzungslosigkeit zurücktreten und die Honorarsumme einklagen läßt.

Damit ist Rempe als Geschäftsführer erneut in einer Zwangslage, aus der er sich eigentlich hatte befreien wollen. Um nicht länger die Kollegen im eigenen Haus mit den schlechten Botschaften aus der Behörde drangsalieren zu müssen, hatte Rempe vor zwei Wochen bekanntlich sein Rücktrittsgesuch eingereicht – die Senatorin aber hat es, trotz zweimaliger Nachfrage, bislang unbeantwortet gelassen. Und Rempe muß weiter Dienst tun.

Ute Schalz-Laurenze