Gastkommentar
: Dröge und bedächtig

■ Franke über Friedrich Hennemann

Er hat nichts von einem industriellen Strahlemann, dröge und bedächtig mit leicht heiserer Stimme wirkt Friedrich Hennemann nie wie ein Blender und Bluffer. Jetzt, wo sein Imperium zusammenkracht, wird deutlich, daß auch Langweiler ihre verführerischen Reize haben. Schließlich haben sie ihm alle geglaubt, die Lenz, Grobecker, Wedemeier, Schönberger, in Bremen, Brüssel und Schwerin, daß er aus einer altmodischen und maroden Bremer Werft einen gigantischen Industriekomplex zaubern kann.

Wie man konkursreife Betriebe überleben lassen kann, hatte er noch als Bremer Wirtschaftssenatsdirektor gelernt. Wenn in strukturschwachen Regionen Arbeitsplätze alles bedeuten, sind staatliche Subventionen und verlorene Bürgschaften leicht zu beschaffen, und wo der Staat bürgt, finden sich immer Banken.

Schichau und SUAG in Bremerhaven waren Hennemanns Lehrjahre. Wirtschaftssenator Tiedemann ließ ihm, anders als Gesundheitssenator Brückner, freie Hand, wie sie der bescheiden wirkende Hennemann brauchte Auch für diesen großen Friedrich galt die preußische Maxime „mehr sein als scheinen“.

Als ihn der Senat zum Vulkan schickte, um Bremens letzte Großwerft zu retten, muß er nicht nur Finanzsenator Grobecker und Bürgermeister Wedemeier geblendet haben, auch die Insider vom Betriebsrat verfielen seinem spröden Charme. Obwohl anders als die aufgegebene Großwerft AG Weser der Vulkan veraltet war und nach Modernisierungsinvestitionen schrie, begann Hennemann den Aufbau seines kommenden Imperiums. Das ist nicht nur Großmannssucht des entfesselten Regierungsbeamten gewesen, sondern auch Quintessenz seiner Erfahrung, wonach Riesen nur schwer sterben. Wer am Ende 23.000 Arbeitsplätze zusammengebracht hat, nimmt mit einer Pleite nationale Dimensionen an.

Die innige Allianz zwischen Grobecker, Wedemeier und Hennemann hielt solange, wie die Not des Vulkan vom wachsenden industriellen Großreich verdeckt wurde. Grobeckers maritime Träume schienen sich zu erfüllen, als der Vulkan Reeder wurde, um für sich selbst Schiffe zu bauen. Mit der Übernahme von Krupp-Atlas und dem Aufbau der Systemtechnik Nord wurde die veraltete Schiffsschmiede scheinbar zum modernen Technologiekonzern.

Wie innig damals Hennemann mit dem Rathaus kooperierte, verdeutlichten die Gerüchte, Wedemeier werde bei ihm Chef der Systemtechnik Nord und Grobecker sein Flottenadmiral. Denn Hennemann wollte nicht nur den größten deutschen Werftenverbund, er wollte auch der größte deutsche Reeder werden. Der Coup mißlang, die DDR-Flotte ging an Hamburger, die sich aber mit Grobis Hilfe doch mit Hennemanns Flotte verbandelten.

Die Kunst, mit Subventionen zu jonglieren, hat Hennemann stets beherrscht. Nach dem Ankauf der Ostwerften hatte er 10 Bälle in der Luft, und weder Schwerin noch Brüssel mißtrauten ernsthaft seiner Kunst. Zweifler zu überzeugen, verstand er bis zuletzt. Kritische Journalisten werden handzahm, wenn Hennemann Geschichten erzählt.

Wedemeier muß als erster Lunte gerochen haben, als nämlich Hennemann anstehende Wahlen klug nutzen wollte, um 200 Millionen für die allfällige Modernisierung des Vulkan zu fordern, sonst gingen viele Arbeitsplätze und gar Standorte verloren, drohte er. Das Rathaus ging auf Distanz und forderte Konzepte zur Rettung der Werften im Lande Bremen, die es bis heute immer noch nicht gibt. Was Hennemann vor langer Zeit als erstes hätte sagen müssen, wie rettet man den Vulkan, muß jetzt nach Jahren voller Blendwerk sein Nachfolger den Nachfolgern im Rathaus sagen. Und was es kostet.

Horst-Werner Franke, Senator a.D.